Dienstag, 5. Mai 2015

April 2015 Alle Filme

Ein Filmmonat in Listenform inkl. Bewertungen. Diesmal mit mal mehr mal weniger Geschreibsel zu jedem Film inkl. Verlinkung aller Filme im Filmtextregister.


* = keine Erstsichtung
(DC) = Directors Cut
(3D) = Mit Brille
(Kino) = im Kino gesehen
(short) = Kurzfilm

10/10 Große Liebe, Meisterwerk, mindblowing, Sternstunde
9/10 sehr, sehr gut, fabelhaft, exzellent
8/10 gut - richtig gut, nix zu meckern
7/10 gut, mit einigen Abstrichen
6/10 nja, ok, abgenickt, so lala
5/10 mittelmäßig mit einigen Momenten
4/10 mies mit wenigen Momenten
3/10 mies ohne Momente
2/10 Beschissen
1/10 Richtig beschissen
0/10 Sondermüll


Kikujirô no natsu  
(Kikujiros Sommer) 
1999 
(Takeshi Kitano) 
8/10
Das tolle an diesem Kitano Film ist ja das hier mit der gleichen lakonischen Art wie bei seinen Gangsterfilmen inszeniert wird und dabei eine wahrhaftig schöne und poetische Komödie herauskommt. Kitano parodiert mit seiner Rolle mal wieder die Yakuzas und trifft mit seinem pfurztrockenen Brachialhumor in die gleiche Kerbe wie bei seinen Gangster und Cop Filmen, nur das der Rahmen hier eine Komödie, ja eigentlich ein Kinderfilm ist. Schöner Film.

Du zhan
(Drug War)
2012
(Johnnie To) 
6-7/10
Mit Drug War bin ich irgendwie nicht so richtig warm geworden und ich frage mich woran das wohl liegen mag. In den To Filmen, die ich bislang gesehen habe (das sind jetzt auch nur eine Handvoll) sind die Schauplätze komprimiert, die Personen überschaubar und die Story ziemlich verdichtet. Hier ist das anders und das liegt nicht nur daran, dass dies der erste Crime Film von To ist, der nicht nur auf Hongkong und sein Umland bezogen ist sondern seine Fühler weitläufiger ausstreckt. Nein es liegt vielmehr an der Tatsache, dass ich innerhalb dieser Story um Seitenwechsel, Überwachung und falschem Spiel mich verlor und irgendwann gar nicht mehr wußte auf welcher Seite sich denn nun die Ratte gespielt von Louis Koo, befindet. Natürlich geht es auch genau darum wie dieser Konformist, nur um seine Haut zu retten, ständig die Seiten wechselt bis zum großen Finale, wo der Film sich dann in einem wahnsinnigen Shoot Out entlädt. Wie gesagt, der Spannungsbogen verließ mich irgendwann in der Mitte des Films. Überfordert kann man das auch nennen. Ne zweite Chance bekommt er aber, soviel ist sicher.

Nightcrawler
2014
(Dan Gilroy)
7/10  
 Dan Gilroys Debut ist eine bitterböse, zynische Mischung aus Psychopathenthriller und Mediensatire, der in erlesenen Nachtaufnahmen stimmungsvoll ein L.A. zeigt, welches stark an das Kino von Michael Mann erinnert. Rene Russo, die ich seit den 90ern nicht mehr wahrgenommen habe, ist super als skrupellose Nachrichtenschlampe. Jake Gyllenhaal ist mir dagegen als total gewissenloser Psycho mit Kamera zu überzogen in seiner maschinellen, roboterhaften Darstellungsweise, was den Film dann auch mehrmals ins absurde kippen läßt und er deshalb auch als schwarze Komödie funktioniert. Es ist auch ein Film über die Macht der Bilder. Einmal auf der narrativen Ebene, die uns in die faszinierte Sicht von Gyllenhaal, dem Psychopathen, zieht und gleichzeitig von Dan Gilroy, der seine soghaften Bilder mit einem flirrenden Soundtrack unterlegt und dabei eine streckenweise traumwandlerische Atmosphäre erreicht, die Gänsehautpotential hat um dann alsbald aber wieder in einer überzogenen Psycho-Story zu enden, die auch ein wenig an Bret Easton Ellis erinnert. Dan Gilroy sollte ich mir trotzdem mal merken. 


Il vangelo secondo Matteo
(Das 1. Evangelium Matthäus)
1964
(Pier Paolo Pasolini) 
10/10 *
Karfreitagsprogramm.
Den Pasolini hab ich vor Jahren mal gesehen. Nun also ein Wiedersehen und ich würde mal ganz kühn behaupten, dass dies der beste Jesus-Film aller Zeiten ist.
Auf den 2. und 3. Platz würde ich den Scorsese und den von Nicholas Ray hieven. Pasolini, der Atheist, reduziert alles an seinem Stoff und erzählt das 1. Evangelium in elliptischem Stil, natürlich mit Laiendarstellern und führt den Neo zurück zum Poetischen Realismus. Als Drehbuch genügt ihm die Bibel und läßt nur das sprechen was dort geschrieben steht. Dabei gelingt ihm eine Wahrhaftigkeit, die alles sprengt und unterlegt seine grandiosen, von wahrer Anmut geprägten Bilder mit Bach, Mozart, Prokofiev und Gospel-Spirituals. Der Film hat mich fast bekehrt ! Ein Meisterwerk ! Schade, dass der Jesus Film von Dreyer nie was geworden ist. Gut für Pasolini, der erste Platz bleibt ihm sicher.

The Passion of the Christ
2004 
(Mel Gibson)
1/10 *
Hab Gibsons Skandalfilm sogar damals im Kino gesehen aber kaum noch Erinnerung an ihn gehabt. Na, jetzt weiß ich auch wieder warum. Die gleichen christlichen Fundamentalisten, die Pasolinis und Scorseses Filme verdammten, haben hier ihren Film bekommen auf den sie sich bis zum jüngsten Gericht und zum Bluterguss ordentlich einen abwichsen können. Gibson zieht alle Register des lauten Blockbusterkinos um die Qualen des Erlösers erfahrbar zu machen, brüllt dabei nach Authenzität und schreckt trotzdessen nicht vor Mystik in Form von Fantasy-Elementen zurück. Stilistisch funktioniert das erschreckend gut, was gleichzeitig den Film noch ärgerlicher macht, da er nicht nur furchtbar naiv und durchschaubar ist sondern auch abgrundtief dumm. Ein echtes Machwerk !
Schade, dass der Jesus Film von Verhoeven nie was geworden ist und wohl auch nix mehr wird, definitiv die bestimmt klügere Skandal Nummer.
 
Die geliebten Schwestern (Dc) 
2014
(Dominik Graf)
8/10
Ich hatte schon ein bißchen Angst oder auch Vorbehalte vor diesem Film, weshalb ich ihn auch nicht letztes Jahr auf der Berlinale sah, als er dort im Wettbewerb gezeigt wurde. Dominik Grafs Film über die Beziehung von Friedrich Schiller zu den beiden von Lengefeld Schwestern hätte auch leicht kitschiges, dröges Geschichtskino aus deutschen Landen werden können. Die Erinnerung an den furchtbaren Goethe Film von Philipp Stölzl saß diesbezüglich immer noch. Graf geht die Sache aber ziemlich intelligent an indem er diese Geschichte, die auch durch die Briefe der drei vorangetrieben wird, stark visualisiert, seine Schauspieler zu Höchstleistungen antreibt, Charme und Witz sprühen läßt und mit letzterem vor allem eins in den Mittelpunkt setzt : Die Sprache. Das wird schon in dem irritierenden Voice-Over (von Graf selbst eingesprochen) deutlich und zieht sich dann in endlosen Dialogen und Monologen durch den Film, in dem selbst Sprachlosigkeit und die damit verbundenen Gefühle ideenreich inszeniert werden. Es ist auch eine grandiose Emanzipationsgeschichte, die der Film innerhalb dieser Dreierbeziehung und zwar auf allen Seiten erzählt. Historische Genauigkeit interessiert Graf nicht. Ihn interessiert vor allem die Essenz dieser Figuren. Nebenbei bringt der Film einem nicht anhand von historischen Abrissen sondern durch viele kleine Episoden die Figuren und damit verbunden auch die Leidenschaft des Sturm und Drang nahe. Dazu kommen noch phantastische Aufnahmen von Michael Wiesweg, die teils wie Stillleben wirken und mich in ihrer Schönheit manchmal sogar an "Barry Lyndon" erinnerten.

Drums along the Mohawk
1939
(John Ford)
9/10
Dieser frühe Technicolor Film von John Ford (ich glaube es ist sein erster Farbfilm) hat mich schwer begeistert. Neben den grandiosen Bildern hat mich aber vor allem eins an diesem Frontier Film beeindruckt : Das dies Lana´s (Claudette Colbert) Film ist.
Es ist ein Film der starken Frauen, der zwar nicht gänzlich aus der weiblichen Perspektive geschildert wird aber sie doch ins Zentrum setzt, sie bündelt. Es ist ein Film in dem es unglaublich viel zu entdecken gibt, der einen ständig überrascht und höchstwahrscheinlich auch nach der xten Sichtung neues zu Tage bringt. Toll wie Lana die Initiative ergreift als sie und ihr Mann Gilbert (Henry Fonda) vor dem Nichts stehen da ihr Haus abgefackelt wurde und sie als Arbeiter bei Mrs. Mc Klennar (Edna May Oliver) anheuern, die eine der schönsten Frauenfiguren gibt, die ich seit langem im Film erleben durfte, wofür sie auch verdientermaßen eine Oscar Nominierung erhielt. Mrs. Mc Klennar scheint dann auch so etwas wie eine Vorreiter Funktion innerhalb des Films zu besitzen als am Ende die Belagerung des Forts durch die von den Briten aufgehetzten Indianer erfolgt, sind es vor allem die Frauen, die mit letzter Kraft zu den Waffen greifen. Überhaupt ist dies ein Film, der immer wieder verdeutlicht, wie wichtig das Kollektiv in seiner Funktion ist, etwas was man in anderen Ford Filmen auch immer wieder findet. Als der Krieg zu Ende ist und die amerikanische Flagge gehißt wird, heißt das für Lana und Gilbert "nur" das sie wieder zurück an die Arbeit müssen. Der kleine Blick auf etwas Großes, doch das wirklich Große liegt weit draußen vor ihnen, nicht dort oben ist es zu finden, es sind die Schicksale, die vielen kleinen, die hier interessieren. Als Gilbert in die erste Schlacht gegen die Engländer zieht, wird diese gar nicht gezeigt sondern ausgespart. Ford läßt Fonda stattdessen von der Schlacht im geschwächten Zustand erzählen, was wesentlich effektiver die Einzelperson im Kollektiv aufzeigt. Vor dem eigentlichen Ende gibt es nochmal eine äußerst denkwürdige Szene in der nicht der zuvor moralisch alles im Glied haltende Pfarrer auf der Kanzel steht, da dieser im Kampf getötet hat und vollkommen desillusioniert seinen Glauben anzweifelt, sondern Blue Black (John Big Tree), der Indianer welcher Lana zu Anfang noch solchen Schrecken eingejagt hat.



That´s also the new America !









In seinem Blog hat übrigens Marcos Ewert einen aufschlußreichen Text mit großartiger Bilderstrecke veröffentlicht, der DRUMS zusammen mit 2 anderen Filmen als Matriarchat Trilogie rezipieren läßt.
Nachzulesen HIER.


The last of the Mohicans 
1992
(Michael Mann)
7-8/10 *
 Zeitlich ein bißchen vor Fords Film angesiedelt ist Michael Mann´s "Last of the Mohicans", der auf den ersten Blick ein deutlicher Außreißer in der Filmografie von Mann zu sein scheint. Was gar nicht stimmt. Von den gesehenen trifft das wohl am ehesten auf "The Keep", den ich gerne nochmal in besserer Qualität sehen würde. Dazu bot sich diesen Monat sogar die Gelegenheit, da der Film innerhalb einer Retro in der Luxenburger Cinemathek gezeigt wurde aber man muß halt oft Prioritäten setzen. LOTM habe ich damals leider auch nicht im Kino sondern nur auf VHS gesehen. Nach dieser Sichtung muß ich aber ganz klar sagen, dass ich ihn sehr gerne mal im Kino sehen würde. Der Film ist all das was man nicht vermutet und bietet einem zudem trotzdem das was man erwartet. Er ist groß, episch, adäquat und historisch. Ein echter Abenteuerfilm aber auch ein typischer Michael Mann Film. Die Figuren hier sind allesamt Getriebene und die Indianer vom Stamm der Mohikaner sind Loner, Drifter so wie fast alle Michael Mann Figuren, die sich nicht anpassen und schon gar nicht sich vom Krieg, von einer Seite, vereinnahmen lassen. Ebenso die gegnerische Seite vom Stamm der Huronen, die sich scheinbar von den Franzosen instrumentalisieren lassen aber doch ihren eigenen Stammes-Interessen folgen. Wie in allen seinen Filmen sind sich diese Seiten sehr ähnlich, sind quasi unabdingbar. Wenn Daniel Day Lewis zu Beginn wie ein Tier durch den Dschungel der Wälder hetzt liegt die Assoziation zum Mannschen Großstadtdschungel seiner urbanen Filme nicht weit. Am Ende wenn Magua von Chingachgook überrumpelt wird, steht er nach ein zwei Schlägen wie angewurzelt da und läßt sich töten. Dieser Moment der Unachtsamkeit ist wie ein Moment des Erkennens, wie eine Verbeugung vor dem Feind. Ein Moment der Stille wie in Heat, der sich in der unglaublichen Freitod Szene von Alice zuvor, spiegelt. So wie alle MM Figuren irgendwann vor einer Kreuzung stehen, so muß auch Alice sich entscheiden. Womit man auch leider bei der Liebe angelangt ist. So wie die Liebe zwischen Uncas (Eric Schweig) und Alice (Jodhi May) unausgesprochen bleibt und nur langsam durch Blicke kommuniziert wird, so ist die Liebe zwischen Hawkeye (Daniel Lewis) und Cora (Madeleine Stowe) einfach irgendwann da und es verwundert schon ein wenig, dass die beiden plötzlich eng umschlungen hinter der Blockhütte gezeigt werden und die Musik sich in die höchsten Höhen schwingt. So wirklich interessiert sich Michael Mann aber auch nicht für diese Lovestory und sie ist auch nicht der Hauptaspekt des Films der viel stärker auf die Zivilisationskritik und auf die männliche Hetzjagd angelegt ist, doch sie wird als Teil des treibenden Strangs dargestellt, was wiederum merkwürdig ist, da es irgendwie unentscheiden wirkt. 
Wenn ich das so schreibe bekomme ich jedenfalls große Lust die Retro, die wir wahrscheinlich erst in 2-3 Jahren starten, vorzuziehen, da mir die Unausgeglichenheit auch in Mann´s letztem Film "Blackhat" aufgefallen ist und ich die Vermutung habe, dass seine Lovestory dort, die ich auch als reine Behauptung wahrgenommen habe, schlicht und einfach seinen eigenen Gesetzen folgt. 

War Horse
2011
(Steven Spielberg) 
7/10
Spielbergs vorletzter Film ist vor allem eins : altmodisch und zwar im guten Sinne. Natürlich hätte man auch hier einiges zu meckern, Spielberg Verächter sogar jede Menge, so naiv und menschenfreundlich an das Gute glaubend die Reise eines Pferdes von England durch den 1. Weltkrieg und wieder zurück geschildert wird. Wie herzzerreissend und mit viel Empathie die Geschichte eines Jungen gezeigt wird, der sein Pferd über alles liebt und darüber hinaus deutsche, britische und französische Seiten bewegt, die in all der Hässlichkeit des Krieges anmutige Schönheit in diesem Pferd erblicken. Da schüttelt der ernste Kritiker doch gerne sein Haupt und greift zum Rotstift. Dabei wird aber oft auch vergessen, dass es sich hierbei um die Verfilmung eines Kinderbuches handelt, welches in der Buchhandlung im Regal ab 12 zu finden ist und wie der Film, der Spielberg durch und durch ist, den Moment das Unmögliche zu schaffen von einem Pferd meistern läßt und die fassungslosen Blicke der Überwältigung diesem entgegenblicken, ist schon toll. Da fehlt dann auch nicht die brüderliche Geste im Schützengraben zwischen Deutschen und Briten, die beide das Pferd aus dem Stacheldraht befreien wollen und es auch für sich beanspruchen. Ja so mancherlei ist wirklich naiv geraten aber gut, hätt ich den Film mit 12 im Kino gesehen, wer weiß vielleicht hätt ich das Reiten angefangen.
Achja die Kameraarbeit ist exzellent und am Ende....na, ich sag nur John Ford pur.

The Flight of the Phoenix
1965
(Robert Aldrich)
10/10 *



Legend of the Lost
1957
(Henry Hathaway)
8/10



The Sheltering Sky
1990
(Bernardo Bertolucci)
8-9/10



The last Emperor
1987
(Bernardo Bertolucci) 
8/10 *
Bertoluccis Film über Pu Yi, den letzten Kaiser von China, ist formvollendetes, prachtvolles Bio-Pic Kino in Reinkultur. Der in unglaublichen Bildern geschossene (Storaro !) Film hat darüber nicht nur als Dokument politischer Umwälzungen bestand sondern auch als äußerst subtiles Psychogramm eines Menschen, der von kleinauf im goldenen Käfig gehalten wurde, nie gelernt hat Recht von Unrecht zu unterscheiden und mit dem Allmachtsgefühl vom Herrschen bis ins hohe Alter nie brechen konnte. Würde ich gerne mal im wesentlich längeren Directors Cut sehen !

Kundun
1997
(Martin Scorsese)
6/10

Habe ich lange vor mir hergeschoben. Kundun ist ersteinmal wunderschön anzuschauen. Die Bilder sowie auch der Score von Philip Glass sind tadellos und bescherten mir durchaus einige Gänsehautmomente. Das Problem von Kundun ist, wie ich finde, dass Scorsese gleichermaßen im Zusammenspiel mit den Prachtbildern viel zu sehr in der Figur des Dalai Lamas sowie in der Lehre des Buddhismus schwelgt. Ein wenig Distanz zu seiner Figur hätte dem Film eindeutig mehr Tiefe verliehen und so bekommt er jene auch nie wirklich zu greifen. Der Dalai Lama bleibt vollkommen unnahbar etwas was Scorsese in "Last Temptation of Christ", natürlich dort der Vorlage geschuldet, wesentlich besser um nicht zu sagen meisterhaft gelöst hat. Hier kommt man nicht umher als das Gefühl innezuhaben einen Werbefilm zu sehen. Prachtvoll sieht´s aber aus.


Saraband
2003
(Ingmar Bergman)
8/10

Ausführlicher Text innerhalb der Retrospektive folgt.


Wo de fu qin mu qin
(Heimweg)
1999
(Zhang Yimou)
5-6/10

Was Yimou hier geritten hat geht mir nicht ganz auf, dabei ist die Geschichte der doppelten Heimkehr eigentlich sehr berührend. Ein junger Mann kommt aus der Stadt aufs Land, da sein Vater verstorben ist. Die Mutter besteht darauf, dass der Sarg nach altem Brauch vom Krankenhaus ins Heimatdorf getragen werden soll. Der Sohn erzählt dann rückblickend die Liebesgeschichte der Eltern, wie der Vater als junger Lehrer ins Dorf kommt und die Mutter als blutjunges Mädchen sich den Traditionen widersetzt und sich entgegen der politischen Norm ganz selbstbestimmt in ihn verguckt. Die Liebesgeschichte wird dabei als Rückblende in Farbe gezeigt während die Geschichte um die Beerdigung zu Beginn und am Ende in s/w gezeigt wird. Yimous Film wurde damals glaube ich äußerst positiv aufgenommen und die Tatsache, dass er den silbernen Bären erhielt, bestätigt diese Ahnung wohl. Die Grundthese und evtl. auch die Botschaft des Films, das er die Liebe der Eltern gegen das Politische stellt, scheint hier immer wieder durch, aber wirklich überzeugen konnte es mich nicht. Der Film haut mit allen Mitteln des überschwenglichen Hollywood Kinos, die hier angewendet werden, seine Bilderbuch Lovestory ganz dick aufgetragen raus und wälzt sich im epischen Kitsch, während die politische Ebene nur angedeutet wird. Die Verweise auf James Cameron´s Titanic irritieren im ersten Augenblick, hängen im anonsten total spartanisch eingerichteten Haus der Mutter doch gleich 2 Filmplakate, so tragen sie ein wenig zum Verständnis der Marschrichtung bei. Es ist ein Film der die Liebe gegen das Politische stellt, symbolisch natürlich auch durch das Tuch welches die Mutter für den Vater, für das Schulhaus webt. Die Farbe Rot wird vom Politischen weg zur Liebe gewebt. Ein bißchen wenig auf der einen und viel zu viel auf der anderen Seite. Man kann sich davon einnehmen lassen und dafür drückt der Film ja auch die richtigen Knöpfe, vom Regisseur von Rotes Kornfeld und Rote Laterne habe ich aber dann doch mehr erwartet.


Shi mian mai fu 
(House of flying Daggers)
2004
(Zhang Yimou) 
8/10 
Episch gehts auch in der einige Jahre später entstandenen  Neuauflage alter Wuxia Filme zu. Mal abgesehen vom computergenerierten Augenschmauß ist der Film voller Finten, Fallen und falschen Fährten um zum Schluß in einer großen, tragischen mit Pathos reichlich aufgeladenen Dreiecks-Lovestory zu enden um die es den ganzen Film aber geht. Zwei Männer lieben eine Frau bis in den Tod. Episch und opernhaft ist das. Der Trommeltanz ein einziger Rausch der Sinne und die Schlacht im Bambuswald eine wunderbare, moderne Reminiszenz an King Hu´s Meisterwerk Ein Hauch von Zen. Nicht überragend aber wunderschön.
 


Chi Ma
(Die Blutsbrüder des gelben Drachen)
1973
(Cheh Chang)
8/10

Der Einfluß den Cheh Chang auf John Woo und den Heroic Bloodshed Stil gehabt hat kann man anhand von diesem Shaw Brothers Klassiker ganz gut rauslesen. Dazu kommt noch, dass John Woo bei diesem Film sogar Regieassistent war. Zwei Diebe (David Chiang & Kuan Tai Chen) , die ihre Kampfkunst verstehen lauern dem wohlhabenden Reisenden Ma (Lung Ti) auf, dem sie im Kampf nicht gewachsen sind. Angetan von ihren Fähigkeiten werden die drei alsbald Freunde und schließen Blutsbrüderschaft. Sie gründen eine rebellische Armee, die gegen die Regierungstruppen kämpft. Ma ist allerdings so ehrgeizig, dass er die Lager wechselt und zum Offizier im Kaiserlichen Dienste aufsteigt. Er verliebt sich in Mi-Lan ( Li Ching), die Frau von Kuan Tai Chen und es ist klar das dies kein gutes Ende nehmen kann. Loyalität, Liebe, Verrat, Rache, dazu eine unterschwellige Homoerotik, Zeitlupenkämpfe, eine pathetische Überhöhung und ein tragisches Ende. Alles Zutaten, die auch so bei John Woo immer wiederkehren. Das ist hier zwar auch leicht vorhersehbar, fesselt aber durch seine epische Dramaturgie und hat dazu einige äußerst harten Kung Fu und Schlachtenszenen zu bieten, die mal mehr, mal weniger drastisch ausfallen.


Bao biao
(Die Todespagode des gelben Tigers) 
1969
(Cheh Chang)
7/10

In Bao biao gibt es einen Loner, den unbesiegbaren Schwertkämpfer Yi Lo (David Chiang) und den nicht ganz so guten Schwertträger Siang (Lung Ti) dessen Verlobte Piao Piao (Ching Lee) von Yi Lo ziemlich angetan ist. Hier kommt es aber zu keiner Affäre wie bei den Blutsbrüdern. Die geheime Liebe zwischen Yi Lo und Piao Piao bleibt unerfüllt, da es der Ehrenkodex von Yi Lo sowie seine Loyalität gegenüber Siang verbietet. Die Eifersucht von Siang auf Yi Lo zieht sich dann auch wie ein roter Faden durch den Film bis zum unglaublichen Kampffinale, als Siang merkt dass er ohne Yi Lo gegen die Banditen keine Chance hat. Leider ist die erste Hälfte des Films recht zäh geraten da einige Handlungsstränge ein bißchen zu viel Aufmerksamkeit bekommen als eigentlich nötig. Dafür das es eigentlich darum geht den Geldtransport der kaiserlichen Silbertaler entlang der Todespagode der Banditen zu bringen und der Film auf diesen einen Konflikt hinausläuft, hätte ihm ein wenig mehr Aktion sicher gutgetan. Trotzdem hält der Film seine Spannung recht gut aufrecht, ist eh schick anzusehen und hält ein furioses Finale bereit, welches für viele Schwächen entschädigt.


Dolls
2002
(Takeshi Kitano)
7-8/10
Dolls ist Kitanos lyrischster und poetischster Film, den ich bislang sah. Den poetischen, metaphorischen Elementen, die bislang oft auch als Essenz seiner Malerei in sein Filmwerk gefunden haben und fester Bestandteil seiner filmischen Welt sind, widmet er hier einen gesamten Film. Wie die drei Episoden hier miteinander verbunden sind und wie Kitano sie mit Auslassungen und dann wieder mit Überblendungen verwebt, hat schon etwas magisches. Überhaupt, wie er seine lebenden Puppen durch die vier Jahreszeiten ziehen läßt und wie in vielen anderen Filmen von Schuld, Sühne und Opferbereitschaft erzählt wird, alles innerhalb der klassischen Puppenaufführung, die den Rahmen stellt. So schön und meisterhaft das auch gemacht ist, liegt gleichzeitig auch eine kryptische Unzugänglichkeit darin, die mir fremd blieb. Dolls ist ein hochkonzentrierter, langsamer Film, der von einer Symbolik durchzogen ist, auf die man sich einlassen muß. Da muß man sich auch selbst öffnen sonst bleibt die Tür zu.



Autoreiji
(Outrage)
2010
(Takeshi Kitano)
8/10 *

Über Outrage wurde ja viel gemeckert, was ich so nach dieser Zweitsichtung (erste damals im Kino während des einzigen FFF in Hannover) gar nicht richtig verstehen kann. Ich habe mich damals im Kino jedenfalls prächtig amüsiert und das funktionierte auch bei dieser Sichtung tadellos. Sicher der Film ist wesentlich dialoglastiger als die anderen Arbeiten aber für mich funktioniert der Film in erster Linie auch als Gangster-Komödie. Jedenfalls überwiegt das Element der Komödie wesentlich stärker als in einigen anderen Crime Filmen, die ja eh alle von bitterbösen Kitano Humor durchdrungen sind. Beispielsweise sein Erstling Violent Cop, der von der Grundprämisse schon mit Outrage vergleichbar ist. Kitano betreibt dann in seinem Film auch die Dekonstruktion eines Genres, dem Yakuza-Film, was man glaube ich sogar erkennen kann, wenn man noch nicht sooo viele gesehen hat. Da muß man einfach mal auf die Rituale im Hause des Oberbosses achten. Die gesamte Hierarchie der sich anblökenden Clans wird hier bloßgestellt und Kitano zeigt uns was für Assis das alle sind. Sympathiefiguren ? Fehlanzeige. Selbst Kitanos Figur ist nur ein Rädchen im Getriebe. Der Cop von "draußen" bleibt ebenso im ewigen Kreislauf der Korruption usw. Outrage empfand ich nachwievor als kleine, gemeine Bombe. Schade, dass Outrage Beyond bislang noch keine Vö hierzulande erhalten hat, würde ich gerne mal sehen.


Fuk sau
(Vengeance)
2009
(Johnnie To)
7-8/10

Im Gegensatz zu Drug War hat mir dieser To Film mit Johnnie Halliday und vielen anderen bekannten Gesichtern aus To´s Schaffen ganz gut gefallen. Straighte Rache-Story, die sich um Loyalität und Freundschaft dreht und immer wieder von besonderen, kleinen Momenten aufgebrochen wird. Das Spaghetti Essen am Tatort oder auch als die Mörder von Hallidays Tochter im Park auf Augenhöhe mit den Killern sitzen und Grillfleisch angeboten bekommen bevor es zur Schießerei kommt oder überhaupt wie sich die drei ganz selbstverständlich gegen ihren Boss wenden weil sie mit Halliday nicht nur Geld sondern auch Respekt und Freundschaft verbindet und wie das dann ganz normal, ohne irgendwelche psychologischen Plotwindungen in den Fluß des Geschehens läuft, das ist schon toll. Da macht es dann auch nichts wenn ich den Gedächtnisverlust von Halliday als unglaubwürdig empfinde und seine Figur manchmal wie ein klischeebeladener Fremdkörper wirkt. An PTU oder Breaking News kommt er nicht ran, aber das ist schon ganz schön.


Lung fu fong wan
(City on Fire)
1987
(Ringo Lam)
8/10

Ringo Lams City on Fire mit Chow Yun Fat als Undercover Cop, der sich in einer Juwelenraubbande einschläusen läßt, erinnert zunächst stark an französiche Gangsterfilme aber auch in seiner Tragik an Miami Vice. Der Stil dabei ist wesentlich nüchterner und gesetzter als bei John Woo´s Action Feuerwerken mit gleichem Hauptdarsteller. In der Tat ist City on Fire nämlich eher ein lupenreiner Crime als ein Action Film und wie auch bei Miami Vice spitzt sich der Film zu einer ganz großen Tragödie zu. Chow Yun Fat verliert nicht nur sein privates Glück und kann nicht mehr aussteigen weil er schon zu tief in seiner zweiten Identität steckt, zu der sich noch eine Freundschaft mit Danny Lee anbahnt, die im Kugelhagel endet. Selbst der väterliche Kollege kann daran nichts ändern, so sehr er auch dagegen ankämpft, dass Chow Yun Fat vom Polizeiapparat benutzt und verheizt wird. Aus dem furiosen Finale hat dann einige Jahre später Quentin Tarantino sein Ende für Reservoir Dogs gebastelt. 1A Neo Noir Marke Hong Kong.


Sheng zhan feng yun
(Undeclared War)
1990
(Ringo Lam)
5/10

Undecleared War beginnt gleich ganz international und zwar mit einem Terroranschlag der sogenannten "World Liberation Army" auf den amerikanischen Botschafter in Warschau. Dieser ist mitsamt Frau und Baby auf dem Weg zur Kirche um das Kind taufen zu lassen. Der Film geht gleich zu Beginn ungemein brutal zur Sache indem die gesamten Insassen der Kirche durchlöchert werden. Der Botschafter kann mit Hilfe seines Freundes und CIA Agenten fliehen, wird allerdings im Auto von einer Granate erwischt, die ihn samt Kind in die Luft jagen. Die Flucht des psychopathischen Terrorleaders per Helikopter weiß der CIA Agent leider nicht zu verhindern. Die Feuergewalt der Terroristen ist zu stark als das sie zu stoppen wären. Schauplatzwechsel : Hong Kong. Eher zufällig stößt der Cop gespielt von Danny Lee auf die Spur der Terroristen, die die Stadt mit weiteren Anschlägen in Bereitschaft halten. Zusammen mit dem CIA Agenten wollen sie das schlimmste verhindern und den Psychopathen Hannibal zur Strecke bringen, doch der Mann hat viele Gesichter.
So wie der Prolog die Vorlage gibt, so geht der Film auch weiterhin recht hart zur Sache, schafft es dabei aber überhaupt nicht seine Charaktere auf einem einigermaßen glaubwürdigen Level zu halten und ergeht sich in einer Reihe von Plattitüden und Klischees, das es schon bald sehr fade wird. Der Clash der Kulturen wird zum Buddymäßigen Gespann, welches sich zusammenraufen muß. Das ist typisch und rührt einiges an Modehypes in den Film was anno ´90 halt so angesagt war im Action-Genre. Was gar nicht mal so schlimm wäre, wenn sich der Film dafür interessieren würde. Aber er bleibt in vielen Belangen sehr lustlos. Selbst die Brachialität des Anfangs geht verloren. Ein Film der über sein großes Manko der klischeehaften Inszenierung nicht rauskommt und sich mit seinem internationalen Cast ziemlich verhebt.


Maximum Risk
1996
(Ringo Lam)
4/10

Genauso wie Tsui Hark und John Woo schaffte es auch Ringo Lam mit Jean Claude van Dame in Hollywood Fuß zu fassen. Noch ein Stück derber und ja auch langweiliger ergeht sich dieser Film ebenso in Klischees und Plattitüden. Dabei fängt auch er mit einer ordentlichen, furiosen Verfolgungsjagd in Nizza an bevor es über Paris nach New York geht. Der Film in dem JCVD einen französischen Polizisten spielt, der erfährt, dass sein toter Zwillingsbruder Mitglied der Russenmafia in den USA gewesen ist und um auszusteigen eine Namensliste ans FBI übermitteln wollte, steht dabei auch weit mehr in der Tradition klassischer Agententhriller als dem explosionsreichen Action Kino jener Zeit. Schafft es aber nicht seiner ansich ganz interessanten Story, die ja auch viel mit Identitätsfindung zu tun hat, auch nur einen Hauch von Tiefe zu verleihen. JCVD schafft das nicht, Natasha Henstridge als blondes, sexy Loveinterest schon gar nicht, die russischen Gangster nicht und so hangelt sich der Film von einer Flachheit zur anderen. Allein die Actionszenen sind ordentlich, was aber auch das einzige ist, was hier auch nur irgendwie überzeugt.


Repilcant
2001
(Ringo Lam)
3-4/10

In Ringo Lams zweiter Zusammenarbeit mit JCVD spielt dieser eine Doppelrolle. Einmal den Killer "Die Fackel", der alleinstehende Frauen zusammentritt und sie dann anzündet, was von einem Kindheitstrauma herrührt und dann dessen Klon, den die NSA aus einem gefundenen Haar des Killers erschaffen hat. Dieser Klon soll mithilfe von einem Detective (Michael Rooker), der es nie geschafft hat "Die Fackel" zu fassen, abgerichtet werden. Mittels seiner telepathischen Verbindung zum "Original" nehmen sie die Fährte auf. Der Klon wird dabei aber nicht wie erwartet zum Killer sondern entwickelt seine ganz eigene Identität. Aus einem hochspannenden Thema macht Ringo Lam hier leider ein furchtbares, krudes, sentimentales Sci-Fi Märchen, welches mit Theorien á la Lebenshilfe Ratgeber daher kommt und sich für seine wissenschaftlichen und philosophischen Ausgangspunkte leider null interessiert. Allein Van Dammes Spiel ist so beängstigend naiv, dass es immer wieder zwischen Fremdscham und Faszination changiert. Auch ne Leistung.


JCVD
2008
(Mabrouk El Mechri)
7/10 *
JCVD ist schon gut weil er keine bloße Heldenverehrung ist sondern recht intelligent und grundauf ehrlich die Person Van Damme, der sich hier selber spielt, in den Mittelpunkt einer durchaus spannenden Bankraub-Entführungs-Story setzt. So gut wie ich ihn seit damals in Erinnerung hatte, ist er nach dieser Zweitsichtung dann aber doch nicht. Der monochrome, farbentsättigte Look des Films samt Überbelichtung in den Außenaufnahmen soll zwar eine realistische Atmosphäre erzeugen, wirkt aber ziemlich deplaziert und überstilisiert, erzeugt leider das Gegenteil und wirkt zu künstlich. Die Zeitsprünge in der ersten Hälfte hätten auch nicht Not getan zumal es durch sie keine wirkliche Perspektivverschiebung gibt sondern nur eine Erklärung, die man ruhig hätte im dunklen lassen können. So wirkt es ein wenig wie ein Lückenfüller, wo man sonst noch zusätzlichen Plot in den kleinen Film gepackt hätte. Nunja, darüber hinaus ist der Film Komödie, Drama, Thriller zugleich und vor allem in erster Linie eine konsequente, wunderbare One Man Show eines gealterten Filmstars, der einem einige Gänsehautmomente beschert, die man ihm vorher definitiv nicht zugetraut hätte.



Dragon Eyes
2012
(John Hyams)
8/10
Der zweite Feature von John Hyams verhält sich wie ein Bindeglied zwischen den beiden Unisol Filmen, die er gemacht hat. Dragon Eyes ist total reduziert auf sein Setting, eine westernähnliche Stadt im Nirgendwo. In diese Stadt kommt ein asiatischer Loner, der Mann ohne Namen, der im Verlauf des Films irgendwann einfach Hong genannt wird. Die Stadt, leidet unter der Macht eines italienischen Drogenbosses (Peter Weller), der natürlich auch die korrupte Polizei in seinen Händen hat. Die Angst vor den Gangs, die ganz öffentlich auf der Straße ihre Drogen verticken sitzt tief bei den paar Bewohnern, die nicht zu Crack Zombies geworden sind. Diese Kriminalitätsbrutstätte, dieser Slum wird von Hong gesäubert und zwar nach altbekanntem Muster wie man es auch aus Yojimbo, Für eine Handvoll Dollar oder Last Man Standing kennt. Die Anhaltspunkte für diese Übereinstimmung sind alles gegeben und doch ist Dragon Eyes ein wenig anders, was einmal stark mit der Komprimierung und Verdichtung des Plots zu tun hat, da dieser sehr elliptisch erzählt wird in dem auch immer das Resultat einer Aktion zuerst gezeigt wird. Die Vergangenheit von Hong ist tief traumatisiert, was man durch brüchige Flashbacks, die nicht erklärt werden, erfährt. "Ich habe Angst" spricht das Unterbewußtsein dieses Action-Helden, der, obwohl er im Knast von JCVD zu dem gemacht wird, was er ist, eine knallharte Kamfmaschine, verfolgt wird von einer Vergangenheit, die ihn auch dorthin gebracht hat und er diese Vergangenheit, diese Fieberträume nur bekämpfen kann in dem er selbst kämpft, natürlich für eine gute Sache aber es ist auch ein Kampf gegen sich selbst. Es ist eine Mission, die es zu erfüllen gilt, dieses Heimatdörfchen von JCVD vom Dreck zu säubern. Es ist der gleiche Dreck, der gleiche Virus von dem auch Hong befallen ist. Der Action Held in der Krise. Alle drei John Hyams Filme handeln davon und im Gegensatz zu mir hat das Marcos Ewert (Der Außenseiter) HIER in einem grandiosen Text nochmal klar und deutlich auf den Punkt gebracht.



Universal Soldier : Day of Reckoning (3D)
2012
(John Hyams)
9/10 *
Viele Worte will ich zu dieser Zweitsichtung  gar nicht schreiben. Beim ersten Mal hat mich die ungemeine Brachialität im Zusammenspiel mit der audiovisuellen Ebene in einen nahezu atemlosen, transzendenten Zustand versetzt. Ich war wirklich hin und weg. Definitiv einer der selbstreflexivsten Action Filme, die ich je gesehen habe. Vielleicht der Blade Runner unter den Physis-Aktions-Filmen. Das unglaubliche ist ja, das hier der Soldat, der Klon, die Maschine, die zum töten bestimmt und programmiert ist, von den Erinnerungen an seine Familie drastisch befreit wird in dem diese zu Beginn umgebracht wird, was aber für ihn keine Befreiung darstellt sondern er daran festhalten will, mit aller unbedingter Kraft und so sind diese Erinnerungen, die, die ihn für sich zum Menschen, zum lebenden und tötenden Wesen, zu der Kampfmaschine werden läßt bzw. diese in ihm aktiviert. Die Schlußeinstellung, die ihn als neuer Leader mit dem Armband seiner Tochter zeigt, ist eine der unglaublichsten Szenen im Aktions-Kino, da es die Erinnerungen, das Festhalten an das was vielleicht gar nicht Wirklich ist sind, die die Maschine zum Mann machen, zum Lebewesen, zum Killer.
Verwiesen sei hiermit nochmals eindringlich an Oliver Nödings Text HIER, der den Film umfassend in seiner ganzen Größe würdigt, sowie auch das Interview mit John Hyams HIER



The Raid
2011
(Gareth Evans)
6/10
Der große gehypte Martial Arts Klopper The Raid konnte mich nur zum Teil begeistern. Sicher das ist alles ganz schön anzuschauen, deftigst brachial in den Kampfszenen und auch sonst recht atmosphärisch. Aber der Film hält seinem total komprimiertem Hochhaus Setting inkl. Kampfszenen, die sich in 100%iger Physis ergehen, leider nicht viel entgegen. Die Narration hinkt dann leider doch ein wenig. Die Figuren sind zu glatt, die eingeschobene Story um den wiedergefundenen Bruder vorhersehbar und einige unlogische Sperenzchen muß man dann auch in Kauf nehmen. Nach ungefähr der Hälfte des Films machten sich schon Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Als Haudrauf Brett ganz gut aber auch n bißchen einseitig. Da gefiel mir der in einem sehr ähnlichen Setting angesiedelte "Dredd" schon wesentlich besser.



The Raid 2 : Berandal
2014
(Gareth Evans)
7/10
Gefiel mir trotz Längen doch wesentlich besser und empfinde die epische Story auch nicht unbedingt als aufgeblasen, wie in einigen negativen Stimmen zu lesen war. Die Kampfszenen haben mich hier im Gegenteil zum ersten, wo sie auch schon explizit brutal waren, schlicht begeistert. Die Story um den Verrat am eigenen Vater hat mich gefesselt, was ich von der reinen Undercover Story jetzt nicht groß behaupten kann und auch hier gibt es einige Ungereimtheiten im Storyfluß zu bemängeln, was ich aber gar nicht so schlimm fand, da der Film in erster Linie als reines eye candy für mich funktioniert hat. Die Kamera und der Schnitt sind dann hier noch eine Spur exzellenter als im ersten Teil. Das Setting und die Farben erinnerten mich teilweise auch an eine Martial Arts Version von "Only God forgives" Das Killerpärchen (Die Blinde und der Typ mit dem Baseballschläger wirken vielleicht ein bißchen deplaziert, die Kampfszenen mit ihnen driften aber nie zum Glück in Richtung Funsplatter ab, sondern fügen sich bierernst in den Rest dieses 150 Minuten Bretts ein. Hinzu kommt noch ein wummernder Electroscore ähnlich wie beim ersten Teil und fertig ist eine nahezu Arthouse mäßige Schlachtplatte, die es ganz schön in sich hat und ja der Film ist noch ein paar Gänge expliziter in seinen Gewaltszenen. Ja, ich fand den doch besser.



The Challenge
1982
(John Frankenheimer)
5/10
Leider nur ein mittelmäßiger Frankenheimer, der aus seinem Culture Clash Thema wesentlich mehr hätte rausholen können und erst zum Ende hin zu der Essenz gelangt, die ihn hätte richtig groß machen können. Detailliert und äußerst asuführlich nachzulesen bei Oliver Nöding und Marcos Ewert im Himmelhunde Blog sowie bei Michael Schleeh auf Hard Sensations.