Freitag, 11. September 2015

August 2015 Alle Filme

Mit einiger Verspätung nun mein letzter Filmmonat. Ich muß mir mal angewöhnen mich gleich nach dem Film hinzusetzen und zu schreiben, dann wartet auch nicht so ein riesiger Berg auf mich. Dieser Monat stand einmal sehr im Rahmen des britischen Kinos, sowie einiger Sozialthemen, was eigentlich gar nicht geplant war, sich dann aber so im Fluß ergeben hat. Weiterhin bin ich ganze 4x im Kino gewesen, was vor allem daran liegt, dass meine Freundin mir im Zuge des Cinemaxx Jubiläums eine 25-Tageskarte geschenkt hat, mit der man halt 25 Tage umsonst ins Cinemaxx gehen kann. Tja, da geht man dann auch mal häufiger ins Cinemaxx.
Alle Filme, wie im letzten Monat schon, mit mal mehr, mal weniger Geschreibsel und im Filmtextregister verlinkt.

* = keine Erstsichtung
(DC) = Directors Cut
(3D) = Mit Brille
(Kino) = im Kino gesehen
(short) = Kurzfilm

10/10 Große Liebe, Meisterwerk, mindblowing, Sternstunde
9/10 sehr, sehr gut, fabelhaft, exzellent
8/10 gut - richtig gut, nix zu meckern
7/10 gut, mit einigen Abstrichen
6/10 nja, ok, abgenickt, so lala
5/10 mittelmäßig mit einigen Momenten
4/10 mies mit wenigen Momenten
3/10 mies ohne Momente
2/10 Beschissen
1/10 Richtig beschissen
0/10 Sondermüll



Midnight Express 1978 (Alan Parker) 9-10/10 * 
Midnight Express habe ich früher sehr oft gesehen. Mittlerweile ist es wohl die 6. Sichtung gewesen und es ist schon faszinierend wie dermaßen gut er in seiner Spannung immer noch wirkt. Tatsächlich würde ich ihn als einen der spannendsten Filme nennen, die ich jemals gesehen habe. Natürlich ist Parkers Film, nach einem Drehbuch von Oliver Stone, nicht unproblematisch, so einseitig wie die türkische Bevölkerung samt Rechtssystem hier als Unrechtsstaat geschildert wird. Wie der Film es aber schafft die Menschenwürde des William Hayes so greifbar zu machen ist mitreißendes Kino par excellence in Bild, Schnitt und vor allem Ton. Giorgio Moroders Score, der als erster Synthie-Score mit einem Oscar bedacht wurde, treibt den Film wie eine Maschine vorwärts und geht tatsächlich durch Mark und Bein. Bei all der Form, darf man natürlich nicht den grandiosen Cast außer Acht lassen und es ist genau die Melange aus grandiosem Schauspiel, mitreißender Schicksalsbindung und Sound und Bilddesign, die diesen Film des ehemaligen, britischen Werbefilmers, dessen Filme ich zum Großteil sehr schätze, für mich jedenfalls, zu etwas ganz Großen machen. 

Stormy Monday 1988 (Mike Figgis) 8/10 * 
Mike Figgis Debut ist definitiv einer der Filme, die das Etikett "Neo-Noir" verdienen. Gleichzeitig ist er aber auch ein kleines Unikum indem er in seinem Noir Setting die amerikanische gegen die europäische Welt prallen läßt und dann ist es auch noch schön herauszulesen wie der Film die Wildheit (Stichwort : Krakauer Jazz-Ensemble) der europäischen Underdogs dem kapitalistischen, amerikanischen Immobilien Hai entegenstellt. Zwei Welten prallen aufeinander und der Film löst sie mit den Gesetzen der Klassiker. Ein wenig "dated" mag das mittlerweile wirken, dennoch hat Figgis Film auch heute noch und vor allem innerhalb des britischen Kinos der 80er unbedingt Bestand. 

The Act of Killing 2012 (Joshua Oppenheimer) 10/10 
Nachdem ich The Look of Silence, den Nachfolgefilm von Oppenheimer, schon auf der Berlinale gesehen habe, mußte ich natürlich seinen Vorgängerfilm auch noch sichten. 
Zu Beginn gibt es ein paar Worte von Werner Herzog, der den Dokumentarfilm zu großen Teilen mitproduziert hat und ihn als ein unglaubliches Werk nennt, welches es nur alle paar Jahre zu sehen gibt. Oppenheimers Film, der einzelne Killer, des Massenmordes an einer halben Million Menschen in Indonesien während der 60er jahre, aufsucht, die immer noch in politischen Positionen sitzen und nie verurteilt wurden, versucht in Interviews sowie durch nachgestellte Szenen, die sie in filmischem Setting (zb. Western, Krimi, Revue) zeigen, eine Reaktion und vor allem Reflexion bei den Tätern hervorzurufen. Was Oppenheimers Act of Killing so großartig macht ist vor allem die Tatsache, dass er eine Wahrheit zeigt, die über das Medium hinaus geht, die sich aber erst durch das Medium entfaltet. Ein Prozess, der gar nicht unähnlich zu den Werner Herzog Spielfilmen steht. Wie The Act of Killing es schafft eine Erkenntnis zu liefern, die rein aus dem filmischen Prozesss entsteht ist geradezu augenöffnend und macht ihn tatsächlich zu nicht weniger als einem Meisterwerk. 

God´s Country 1985 (Louis Malle) 9/10 * 
Louis Malle´s Dokumentarfilm, den er während seiner Zeit in den USA drehte, hab ichvor langer Zeit einmal im TV gesehen. Das tolle an diesem kleinen auf 16mm gedrehten Film, der vollkommen zufällig entstanden ist, ist die Tatsache, dass er durch diese dokumentarische Zufälligkeit zu etwas ganz großartigem wächst und sein Thema im Grunde genommen fast von selbst findet. Louis Malle wollte eigentlich in Minnesota einen Film über Shopping Malls drehen, der aber nicht zutsande kam und so die Crew einfach durch den mittleren Westen fuhr und Malle in dem kleinen Städtchen Glencoe anfing sich mit den Leuten zu unterhalten, die alle grundweg sympathisch sind. Von der alten Frau am Anfang im Garten über die kleinen und großen Farmer hin zum Polizisten oder einer Laienspieltruppe. Als er nach 6 Jahren nochmal dorthin fährt zieht der Film dann ganz zufällig ein Resummee über die Lage des Landes, welches sehr bitter ausfällt, da die kleinen Leute alle von der Wirtschaftskrise samt Reagan Politik getroffen sind und sich die republikanischen Wähler betrogen fühlen. Dabei ist es den ganzen Film äußerst bemerkenswert, wie der kleine Franzose mit der Kamera es schafft ein naturgetreues Porträt samt verborgenen Wahrheiten an die Oberfläche zu kitzeln. Ganz großartiges Doku-Kino. Eine längere, sehr lesenswerte Kritik gibt es hier, von Michael Schleeh, bei Filmgazette.

… and the pursuit of happiness 1986 (Louis Malle) 8/10 
 Anders als bei "God´s Country" hatte Louis Malle hier einen Plan und wollte einen Film über die neue Einwandererwelle im Einwandererstaat USA drehen, der von HBO produziert wurde.  Der Film stellt in seiner Unangestrengtheit, die viel mit der freundlichen Art und Weise Malles bei seinen Interviews, zu tun hat,  ein weitläufiges Porträt der Licht und Schattenseiten des amerikanischen Traums dar, indem er unzählige, verschiedene soziale Schichten von Einwanderern interviewt und porträtiert. Von der Erfüllung des Traumes bis hin zu den kritischen Träumen hält sich der Film die Waage, wobei das positive deutlich überwiegt. Am eindrucksvollsten wird mir aber wohl die Episode mit der Somoza Familie in Erinnerung bleiben, die zu der Zeit im Exil in Miami lebte und der Louis Malle einen Besuch abstattete und diese befremdliche Episode miteinbettet. 
Auch hierzu sei Michael Schleehs Text bei Filmgazette sehr empfohlen. 

Gangster No. 1 2000 (Paul McGuigan) 8/10 
Ist ein hochgradig intensives Psychogramm eines kleinen Handlangers (intensiv dargestellt von Paul Bettany als junger Gangster in der Rückblende und noch intensiver dargestellt, bis zur Grenze zum Wahnsinn, von Malcolm McDowell als alter Gangster in der Gegenwart), innerhalb der britischen Unterwelt der swinging Sixties. Diese kleine Nummer will unbedingt den Platz seines Bosses Freddie Mayes (David Thewlis) einnehmen. Während dieser zwar schmierig aber ganz loyal noch einem Kodex verpflichtet ist geht der junge Gangster, dessen Name keine Rolle spielt, mit wahnsinniger Brutalität vor um an die Spitze zu kommen. Die obsessive Gier nach diesem anderen Leben fängt der Film in vielen symbolträchtigen Szenen ein und zieht den Zuschauer förmlich in einen Strudel der Gewalt, der einen immerzu in die Sichtweise dieses Psychopathen drängt. Manches erinnert an "Good Fellas", manches in der Beziehung zwischen den beiden Gangstern an Leones "Once upon a Time in America". Im Zuge der vielen UK-Gangster Movies, die in den Nuller Jahren rauskamen, wohl einer der besten. 

Performance 1970 (Donald Cammell & Nicolas Roeg) 9/10 * 
Danach gab es nocheinmal Nicolas Roeg´s Debut über das ich HIER schon einiges geschrieben habe. Paul McGuigan, der Regisseur von "Gangster No.1" muß diesen Film auch gesehen haben. Die Milieu Zeichnungen in der ersten Hälfte von Performance finden sich auch in "Gangster No.1" ebenso wieder wie die Hinterfragung der Persona. 

Get Carter 1971 (Mike Hodges) 9/10 *
 Michael Caine streift durch ein trostloses Manchester der 70er auf der Suche nach den Mördern seines Bruders und definiert dabei seinen Status Quo als eiskalter, cooler Killer. Mike Hodges setzt diese Suche wie ein Puzzle zusammen und die Figur von Carter wird dabei nie wirklich greifbar, da er genau so (gefühls)kalt ist wie die Atmosphäre, die diesen Brocken von einem Film durchzieht und wie der kalte Wind, der auf der Tonspur durch alle Ecken zu pfeifen scheint ist Jack Carter im Grunde ein Toter auf seiner letzten Reise. 
Marcos Ewert hat HIER ein paar schöne Sätze geschrieben, die ich sehr treffend finde. 
Es ist übrigens eine Schande, dass dieser großartige Film, der zu den Klassikern des britischen Kinos gehört hierzulande immer noch nicht auf DVD erschienen ist. 

Harry Brown 2009 (Daniel Barber) 5/10 * 
Tja, Harry Brown fand ich damals auf dem ersten und leider einzigen Fantasy-Film-Fest in Hannover schon recht zwiespältig, mußte ihm aber zugutehalten, dass er als Reißer ziemlich effektiv war. 
Nach dieser zweiten Sichtung ist die Effizienz eher einer Zwiespältigkeit gewichen. 
Man mag das ja kaum sagen aber der Film kurvt ganz nah an Sozialpornographie entlang, denn die "Realität", die er abbildet zwängt er dem Zuschauer als glaubhaft auf. Nicht nur das, er zwingt den Zuschauer Caine´s Sichtweise anzunehmen. Zudem wird eine Altersthematik bemüht, die sehr holzschnittartig in der Bildsprache aufgeht aber dennoch durch das großartige Spiel von Caine seine Momente hat. Ein Rentner-Revenge Kracher wie "Death Wish 3" ist dagegen allerdings goutierbarer, da er in seinem Setting so abstrakt ist, was 1985 aber wohl auch so gemeint war und macht aus seiner gar nicht vorhandenen Sozialkritik keinen Hehl. Im Gegensatz zu diesem Film, der meint das nämlich ernst.
Anbei noch zwei Links zu Texten, in denen ich mich recht gut wiederfinden kann :
Michael Schleeh und Oliver Nöding für F.L.M. damals.

I´ll sleep when i´m dead 2003 (Mike Hodges) 5/10  
Hätte ein schöner britischer Noir werden können mitsamt guter Darstellerriege, geht aber im vorsichhinplätschernden und mäandernden Drehbuch unter. Was schade ist, da irgendwie alles da ist und der Film ja auch eine Art melancholischer "Get Carter" ist (ehemaliger Killer sucht die Mörder seines drogendealenden Bruders). Man könnte auch einfach sagen : "Der Film kommt nicht ausm Tritt".

Looking for Eric 2009 (Ken Loach) 8/10 *
Achja, ich kann gut verstehen, warum viele den als liebsten Loach bezeichnen. Der Mix aus Komödie und typischem "Loach" Social-Drama geht hier sowas von auf weil er auch hier zeigt, dass es ihm um die vielen Themen, die er hier vereint, verdammt ernst ist. Zuweilen, gerade bei der Zweitsichtung denkt man, dass dies gar nicht funktioniert und besonders in der ersten Hälfte gibt es auch die ein oder andere Ungereimtheit, die man aber verschmerzen kann und das tolle ist : Es funktioniert. Loach nimmt, wie in seinen ernsteren Filmen nicht nur die Themen sondern auch seine Figuren und was es für sie heißt dies und jenes durchzumachen, wahnsinnig ernst. Hier bleibt es aber im Sinne einer Komödie. Das kriegen nicht viele so gut und so glaubhaft und so, dass jede Handlung Hand und Fuß hat, hin. Cantona :)

Sweet Sixteen 2002 (Ken Loach) 8/10 
Ich muß zuerst sagen, daß ich von allen Ken Loach Filmen und das ist von den Features her doch einiges, nie einen schlechten oder mittelmäßigen gesehen habe. Es gibt gute, richtig gute, grandiose, unglaubliche und mit Einschränkungen, gute Filme. Sweet Sixteen paßt bei mir in die Kategorie verdammt gut, weil es ein aufrichtiges, ehrliches Jugenddrama (DIESER Cast) mit wahnsinnig viel Herzblut und ungeschönt ist. Überraschen kann man sich bei Ken Loach in den wenigsten Filmen. Halbtotale und Nahaufnahmen und junge Schauspieler, die alles geben gibt es hier zu bestaunen. Bei den "politischen" Filmen ist es oft die Nadel, die er rausholt um genau innnerhalb des wunden Punkts zu stechen, wobei Loach jetzt wohl sagen würde "Of course, all my Films are political." Hier ist es die unglaubliche Empathie für den Hauptdarsteller innerhalb seiner aussichtslosen Spirale, die einen mit sich zieht. Großartiges Jugenddrama. 
 
Breaking and Entering 2006 (Anthony Minghella) 3-4/10
Anthony Minghella, dessen epischen "English Patient" ich für wirklich  tolles Kino halte und der mit seinem "Ripley" Film einen großartigen Thriller machte, besser als der auch gute Clément und mit "Cold Mountain" ein Bürgerkriegsepos zu dem mir jetzt nicht mehr soviel einfällt, hat hier mit seinem letzten Film, eine Mischung aus Sozialmärchen und Beziehungsgeflecht gedreht, welches ähnlich wie die Filme von Inárritu die verschiedenen Schicksale der Protagonisten miteinadner verbindet. Minghella geht dabei aber so sehr auf "Wonderland", dass dabei so Sätze herauskommen, wie "I felt like Kafka", als die afrikanische Putzfrau auf die Befragung der Polizei, nach dem Einbruch reagiert oder der Sohn von Juliette Binoche äußert dramatisch in der Familienauseinandersetzung über den Balkankrieg "I didn´t ask to survive" entgegnet. Nur zwei Beispiele, die aber recht prägnant sind, für einen vollkommen überscripteten Film, der den Darstellern die kuriosesten Sätze theatralisch in den Mund legt ob es nun das Problem mit der autistischen Tochter von Jude Law ist oder irgendwelche Moralweisheiten vom Kommissar Ray Winstone. Vorhersehbar wie eine Soap Opera in ihren schlimmsten Momenten, geht es dem Film natürlich um die zweite Chance von Juliette Binoche und Jude Law, die quasi gedoppelt ist und knapp 3 Stunden gegen durch und durch psychologisierte Schemata kämpfen muß. Von mir gibts da keine 2. Chance. Das steht mal fest. 
 
Dirty Pretty Things 2002 (Stephen Frears) 5-6/10
Stephen Frears, dessen "Prick up your Ears" und "Sammy and Rosie get laid" ich immer noch mal gern sehen würde, interessiert sich hier mal wieder für ein heißes UK-Thema und macht eine Mischung aus Social-Working-Class, Komödie und Crime. Das Problem ist hierbei, dass immer etwas auf der Strecke bleibt. Der Crime Plot um Organhandel von illegalen Einwanderern kommt zu spät zum tragen, steht dabei aber der Lovestory im Weg, als Milieubeschreibung geht er noch am ehesten durch, da Frears hier voll in seinem Element immer wieder die komische Tragik des, weil er soviele Jobs hat, sich ständig wachhaltenden Hauptdarstellers, sehr liebevoll betont. Achja, Audrey Tautou als Türkin ist vollkommen fehlbesetzt und bleibt leider blass in ihrem Rollenklischee stecken, so süß sie auch ist. 

Secrets and Lies 1996 (Mike Leigh) 10/10 
Der zweite Regisseur, der neben Ken Loach, immer sofort genannt wird, da er ebenso soziale Probleme innerhalb des britischen Kinos behandelt, ist Mike Leigh, den ich im Gegensatz zu Loach bislang immer ein wenig vernachlässigt habe. Shame on me. 
Dieser Film ist ein Familienpanorama der ganz besonderen Sorte. Mike Leigh vermittelt seinen sozialen Anstrich wesentlich subtiler als Ken Loach bzw. er setzt ihn nur anders. Mike Leigh läßt seinen Film sich entfalten und das ist wörtlich gemeint. Secrets and Lies ist ein Schauspielerfilm, wie ich ihn seit langer Zeit nicht mehr erlebt habe. Es gibt hier keine psychologisierten, ja schematisierten Dialoge. Totale, Halbtotale, Nahaufnahme genügt und der Film mit seinen 2 1/2 Stunden vergeht wie im Fluge. Der Film, der schildert wie die adoptierte, farbige Hortense, ihre weiße wirkliche Mutter findet, die ein depressives Wrack ist, die durch dieses Treffen aufblüht und ihre Familie mit dem Ereignis konfrontiert, was zuerst auf Unverständnis stößt und die Geister der Vergangenheit sowie Gemüter entfacht, endet mit dem Satz "Oh, this is the life, aint it ?" Ja und genau dieses Leben fängt Mike Leigh ein. Sekunde für Sekunde. Secrets and Lies ist nicht weniger als ein gewichtiger, emotionaler Schatz des Schauspielkinos der 90er Jahre. Sollte man sich gleich nach "Festen" ansehen :)

My beautiful Laundrette 1985 (Stephen Frears) 8/10 * 
Frears großer Achtungserfolg, Mitte der 80er, stellt das Maggie-Thatcher Modell einmal um 180 Grad auf den Kopf in dem hier nicht ein weißer Brite das ökonomische Erfolgsmodell durchläuft sondern ein Pakistani. Dabei kommt schon sehr deutlich, der komödiantisch-dokumentarische Stil raus, der nicht moralisch-wertend in das Geschehen eingreift sondern ihm auch noch eine in der britischen Gesellschaft tabuisierte homosexuelle Lovestory zwischen Omar, dem Pakistani und dem Skin Johnny, gespielt von Daniel Day-Lewis, draufsetzt. So entsteht im Grunde eine Art Sozialmärchen, welches einmal durch die dokumentarische Inszenierung den Realismus hervorhebt um ihn gleichzeitig mit komödiantischen und auch surrealen Elementen in eine Art Parallelwelt zu verwandeln. Ein South-London, dass von einer nahezu magischen Atmosphäre durchzogen scheint. Gerade diese Atmo, sowie die Mischung aus Hyperrealismus und surrealem, ist es wohl auch, die mich früher in ihren Bann geschlagen hat und ich frage mich ob das nicht heutzutage ein bißchen "dated" wirkt, dennoch hat der Film einen nicht nur filmgeschichtlichen Stellwert. Er vermag auch heute noch zu "zaubern".

Southpaw (Kino) 2015 (Antoine Fuqua) 4-5/10 
Tjoa, hatte gar nicht parat, dass Fuqua nach seinem "Equalizer" schon wieder einen Film am Start hat. Diesmal konnte er mich mit seinem Boxerdrama nach Schema F allerdings nicht überzeugen. Was ich ja ein wenig übel nehme, da ich mir nach der Kritik von Suchsland doch einiges versprochen habe. Bei "Brooklyn´s Finest" ist mir das schon aufgestoßen und hier tut es mir schon fast richtig weh aber der Film tropft nur so voller Klischees. Dabei dachte ich, daß der Kampf zurück an die Spitze auch ein Kampf gegen den eigenen Machismo wäre. Von Veränderung jedoch keine Spur. Nachdem Gyllenhaal seine Frau und das Sorgerecht für seine Tochter verloren hat, muß er auf Entzugskur von Geld und Drogen gehen um mit Mentor Whitaker für DEN Kampf fitgemacht zu werden, der den Mörder seiner Frau plattmacht sowie Kohle für seine Tochter reinscheffelt. Gyllenhaal kämpft auf Oscar Kurs gegen die überbordernden Klischees an, die reihenweise abgehakt werden und nichteinmal visuell ist der Film interessant. Besonders die Kamera machte ziemlich was her in den bisherigen Filmen, die ich sah aber hier gibt es leider uninspirierte Handkamera, die unbedingte Nähe suggerieren soll und der mehr dann leider auch nicht einfällt. Besonders in den Kampfszenen ist das eklatant uninspiriert. Gyllenhaal ist, wie gesagt, toll kommt aber leider nicht gegen den Film an. 

Pixels (3D) (Kino) 2015 (Chris Columbus) 6/10 
Wollte ich eigentlich gar nicht sehen aber was tut man nicht alles mit einer Cinemaxx-for-free Card. Außerdem war dies ein Film auf den ich mich mit meiner Freundin einigen konnte und tja was soll ich sagen, so schlimm wie die meisten Kritiken ihn verrissen haben, was wohl auf jeden Adam Sandler Film zutrifft, ist er gar nicht. Nunja, kritisieren kann man auf jeden Fall, dass der Film aus seiner Idee, die auf diesem kleinen Kurzfilm basiert, wesentlich mehr hätte rausholen können. Was drauß geworden ist, ist einerseits ein typischer Adam Sandler Film in dem natürlich Kevin James, den Präsidenten der USA spielt und Sandler, sein bester Freund als Cable Guy (die Firma heißt "Nerds") ganz lässig im weißen Haus ein und ausgeht. Das ist totaler Nonsens aber eben deshalb auch ganz witzig. Die Verweise auf die große Spielhallen und 8bit Zeit der 80er funktionieren leider sehr bedingt und mehr konstruiert-gewollt was auch auf die Erdenrettung vor den Pixel-Aliens zutrifft, wo dann immer wieder, trotz erstaunlicher Effekte, Family-Entertainment á la Chris Columbus durchkommt. Tja und so ist Pixels ein Film geworden mit dem man Spaß haben kann, niemandem wirklich wehtut und sein irres Potential irgendwie verschenkt. Geht für mich aber gerade noch als o.k. durch. 

National Lampoon´s Vacation 1983 (Harold Ramis) 9/10 * 
Eigentlich hatte ich auch gar nicht vor den neuen "Vacation" Film zu sehen aber nach dieser Kritik und nachdem meine Freundin, die ihn schon gesehen hatte, ihn ganz lustig fand, gab ich ihm dann doch eine Chance. Beste Gelegenheit also, das Original nochmals aufzufrischen. Tja und was gibts da zu sagen. Ramis zweiter Film, nach seinem Meisterwerk Caddyshack, von John Hughes geschrieben, ist und bleibt wohl eine der bösesten Komödien der 80er Jahre. Eine bitterböse, derbe Sozialsatire auf den American Way of Life in Form der typical WASP Familie names Griswold. Den einzigen Griswold Film, den ich früher mal gesehen hatte, war der Weihnachtsfilm, der in den Neunzigern schon Kult war. Vacation habe ich wesentlich später gesehen, ich glaube vor 5 Jahren war das und hat mich ziemlich umgehauen, einfach weil ich mit so einer derben Satire nicht gerechnet habe. Muß mir unbedingt noch die anderen zwei Griswold Urlaube anschauen, wobei der in Vegas ja schon nicht mehr so doll sein soll. 

Innerspace 1987 (Joe Dante) 7/10 
Lücke geschlossen. Innerspace wollte ich schon seit seeeeeehhhhr langer Zeit sehen und selbst im Fernsehen oder auf Video hat es irgendwie nie gegklappt. Innerspace hat dann auch alles was einen Joe Dante Film ausmacht samt vielen bekannten Gesichtern bei den Nebendarstellern, die man aus etlichen Joe Dante Filmen kennt, samt Dick Miller und Robert Picardo. Abstruse, irre Ideen, die sich besonders in der letzten Hälfte häufen verbinden sich hier mit einer Romantic-Comedy, die irgendwie nicht so ganz zum Rest passen will. Dabei macht der Film aber dennoch einen Heidenspaß, keine Frage, baut hier aber um die Selbstfindung des komischen Hypochonders Martin Short eine recht platte Message ein, die mich doch immer wieder langweilte aber dennoch keinen Bruch innerhalb des Films verursacht, da der Film eben zwischendurch mit seinen tollen Einfällen nie geizt. Vielleicht liegt es auch an der Bürde und den zu hohen Erwartungen, die ich an den Film hatte, den ich seit so langer Zeit sehen wollte. Vielleicht gefällt er mir beim zweiten Mal noch besser. 

Ricki and the Flash (Kino) 2015 (Jonathan Demme) 6-7/10 
Hatte ich zwar auf dem Schirm, da ich immer noch verfolgt habe, was Jonathan Demme so treibt aber auch eher gemäßigt Lust ihn mir anzuschauen, da ich seinen letzten Feature "Rachel getting married" ganz ok aber nicht sonderlich interessant fand. So kam es, dank Cinemaxx Card, dass ich seit Jahren mal wieder in eine Sneak Preview ging, bei der man ja nie weiß, was für ein Film gezeigt wird. Mit "Ricki and the Flash" hatte ich überhaupt nicht gerechnet, genausowenig wie die 6 Jungs neben uns lautstark, nach Beginn, das Kino verließen. Der Film, der den dämlich abstrusen Verleihtitel "Ricki - Wie Familie so ist" hat, ist dann auch ein bißchen zwiespältig aber definitv eher auf der guten Seite. Zwiespältig, weil Demme sich an ein allzu konventionelles Drehbuch ohne dabei wirklich zu überraschen hält und im Grunde nur eine Variation seines letzten Films macht. Im Guten hat man hier aber ein Potpourrie aus lauter Demmschen Versatzstücken und man hat Meryl Streep, die hier als gealterte Rocker Braut immer noch ihren Musik Traum samt Idealen von damals lebt und dabei der Realität ins Auge blicken muß während sie im immer gleichen schäbigen Schuppen mit ihrer Band spielt. Der Realität muß sie dann auch bei ihrer Familie ins Gesicht sehen. Ihre Tochter (Mamie Gummer, Mery Streeps älteste Tochter in RL), die versucht hat sich umzubringen nachdem sie von ihrem Mann verlassen wurde hat für sie ebensowenig übrig wie ihr Ex-Mann (Kevin Kline). Ihre Söhne (der eine schwul, der andere Öko-Hipster) machen sich bitterst über sie lustig und wie der Film dann schildert, wie sie versucht ihre Tochter wieder ins Leben zu führen und ihren Status innerhalb der Familie zu festigen, das gleitet immer wieder leicht in Richtung "Kümmer-dich-Mum" Film ab, doch der Film legt sein Augenmerk immer wieder auf diese großartigst von Meryl Streep verkörperte Figur, was wirklich gut funktioniert und selbst wenn böse Stimmen behaupten, sie sei mittlerweile eine Karikatur ihrer selbst, was teils auch stimmt, so kann man hier besonders gut sehen welch ein Chamäleon, sie doch immer wieder ist. Auch schön, wie der Film am Ende nachdem einige Watschen gegen die Hipster aber Spießer Familie verteilt wurden, sie mit ihrer Band, als Ersatzfamilie, sich selbst treu bleibt. Insgesamt also viel tolles aber auch viel nicht so dolles und ich wünschte mir Jonathan Demme würde wieder mit Tak Fushimoto als Kameramann zusammenarbeiten, ich glaube das würde viel ausmachen. 

Married to the Mob 1988 (Jonathan Demme) 8/10 
Schnurstracks habe ich mir dann noch diesen tollen Film angesehen, der seit geraumer Zeit schon bei mir rumlag und es stimmt alles, was man so über ihn liest. Ähnlich wie in "Something Wild", wo die Komödie zum Thriller wird und den ich noch ein Stück besser finde, gibt es hier einen Clash der Genres zu bewundern. Gangster, Crime, Cop, Romantic-Comedy, alles findet statt in diesem irrwitzigen Film, der typisch Demme auch den sozialen Aspekt miteinbringt. Tja und als dann schon ziemlich zu Beginn "Bizarre Love Triangle" von New Order (übrigens auch einer meiner liebsten Video-Clips) auf der Soundtrack Spur, der mal wieder von David Byrne stammte, erklang, war es schon um mich geschehen. Das ist auch mit das tolle, dass er diese eigentlich so klassische Story, die Howard Hawks würdig ist, 1:1 ins Amerika der 80er pflanzt und Popkultur sowie ein wenig Social-Aspects miteinbringt, der Film aber nie seinen temporeichen Witz samt Kontinuität vermissen läßt. 
Ganz großartige Komödie und noch so viel mehr. Wundervoll. 

Vacation (Kino) 2015 (John Francis Daley & Jonathan M. Goldstein) 7/10 
Zum Schluß dann noch "Vacation 2015", den ich, wie oben geschrieben, ja eigentlich gar nicht sehen wollte aber zum Glück es doch noch getan habe. Allen, die das großartige Original sich nicht verderben möchten, kann ich nur sagen "anschauen" ! Vacation 2015 ist Reboot, Remake und Sequel in einem und es geht ihm auch die überbordernde Sozial-Satire des Originals komplett flöten aber er macht einen Höllen-Spaß und das besonders in den Momenten in denen er sich vom Original abnabelt und sich vollends auf seinen neuzeitigen Brachialhumor verläßt, der politisch unkorrekt, sehr derbe ein Gag-Feuerwerk zündet, welches fast immer funktioniert. Von Pädophilen-Witzen über Transgender bis hin zum Beauty und Party Wahn der heutigen Zeit wird nix ausgelassen. Chris Hemsworth mit Riesen-Penis und Föhnfrisur, der sich mutig über sein eigenes Image lustig macht, ist da nur das Tüpfelchen auf dem I. Chevy Chase und Beverly D´angelo samt Walley World, wo ja die Reise wieder hingeht, sind dagegen eher schwach, da unnötigst an das Original angeknüpft werden soll. Anknüpfen tut er daran auch mit einem ähnlichen "Postkarten Opening" samt exakt dem gleichen Song, der als Main Theme, wieder seinen Platz hat, was ich durchaus zu schätzen wußte und auch sehr sympathisch fand. HIER mal das Opening vom Original, was im neuen Griswold Film schon ganz gut die Marschroute vorgibt zu einem rücksichtslosen Spaß, der Brachialhumor feiert wie nix, nicht immer originell ist, was die Einführung dieser neuen Griswolds angeht, aber sehr viel Spaß macht.