Mittwoch, 14. Oktober 2015

Bergman Reihe : Fanny och Alexander (SE, FR, DE) 1983 (TV-Langfassung)

Über ein halbes Jahr habe ich diesen Eintrag vor mir hergeschoben, mich rangesetzt und wieder verworfen. Lange habe ich überlegt ob ich die Synopsis so ausführlich auserzählen will, wie ich es bislang immer innerhalb der Bergman-Reihe getan habe, ebenso bei der langen Tv-Fassung von Szenen einer Ehe . Nachdem ich vieles verworfen und wieder zusammengekürzt habe, wird nun, wie bisher, die Inhaltsangabe dieses epischsten aller Bergman Filme, ausführlich ausgebreitet. Wer also den Film noch nicht kennt, sollte weiter unten anfangen zu lesen, da die fünfeinhalbstündige Tv-Fassung, voll auserzählt wird.

Uppsala, Schweden, im Jahre 1907.
Die epische Geschichte um Fanny & Alexander läßt sich auf 4 Häuser verteilen :
  1. Das Haus der Ekdahls (aufgeteilt in die verschiedenen Wohnungen + das Sommerhaus der Großmutter)
  2. Das Haus des Bischofs
  3. Das Haus von Isak Jacobi
  4. Das Theater
 Prolog :
Alexander (Bertil Guve) befindet sich allein in der großen Appartment Wohnung seiner Eltern im Ekdahl Haus. Er betrachtet eine Theaterbühne aus Papier in der er die Bühnenbilder verschiebt und Figuren setzt. Dann ruft er nach seiner Schwester Fanny (Pernilla Allwin), nach seiner Mutter Emelie (Ewa Fröling) und nach den Angestellten Maj (Pernilla August) und Siri (Kristina Adolphson). Er öffnet die mit Tapete verklebte Verbindungstür zur Wohnung der Großmutter Helena (Gunn Wållgren) und ruft nach ihr. Als niemand antwortet, sieht er sich in der Wohnung um und versteckt sich unter dem Esszimmertisch. Er wird müde, lauscht dem Ticken der Uhren und ihrem Spiel. Die Zeit verstreicht und Alexander, in einem Zustand zwischen Traum und Wachsein, beobachtet wie die weiße Frauenstatue im Zimmer zum Leben erwacht und der Tod seine Sense zieht. Die Großmutter unterbricht diese Vision und lädt Alexander zum Kartenspiel ein.

 Episode 1 : Familie Ekdahl feiert Weihnachten
Heiligabend. Das Theater der Ekdahls, die als großbürgerliche Familie das Theater in zweiter Generation besitzen, welches von Oscar Ekdahl (Allan Edwall) geleitet wird, ist gut gefüllt zur Aufführung des Krippenspiels. Nach der Aufführung gibt es das alljährliche Festmahl auf der Theaterbühne. Gustav Adolf Ekdahl (Jarl Kulle), windiger Geschäftsmann und Direktor des Theaters, trifft die Vorbereitungen im zugehörigen Restaurant, während sein Bruder Carl, ebenso Geschäftsmann, (Börje Ahlstedt) dem Alkohol fröhnt und von seiner Frau Lydia (Christina Schollin) angehalten wird, nicht zu spät zum Familienfest der Großmutter zu erscheinen. Der Freund der Großmutter, Isak Jacobi (Erland Josephson), macht sich ebenfals zum Haus der Ekdahls auf, wo Helena die Vorbereitungen inspiziert und dem Dienstpersonal letzte Anweisungen gibt. Zeitgleich hält Oscar als Leiter der Theatergruppe eine feierliche Ansprache vor seinen Mitarbeitern und Kollegen. Nach Isak Jacobi trifft nach und nach die gesamte Familie bei der Großmutter ein. Die Stimmung beim Essen ist fröhlich und ausgelassen. Die Angestellten mischen sich unter die Gäste, die Gespräche werden immer freizügiger und lustiger. Schürzenjäger Gustav flirtet ganz offenherzig am Tisch mit den Dienstmädchen Maj und Siri. Es wird viel gelacht, viel gegessen und viel getrunken. Das Essen endet mit dem traditionellen Tanz durch die Wohnung um den Tannenbaum bei dem Oscar einen kleinen Schwächeanfall erleidet. Gustav bandelt vor den Augen seiner Frau mit Maj an, was seine Frau nicht weiter verwundert und Carl zeigt den Kindern ein "Pups-Konzert" der besonderen Art.
Bevor die Kinder zu Bett geschickt werden liest Oscar im Kreise aller, die Weihnachtsgeschichte vor. Im Kinderzimmer endet der Abend mit einer Kissenschlacht zwischen Maj und den Kindern, die kurz darauf von Gustav´s Frau Alma (Mona Malm) zurechtgewiesen wird, worauf Emelie erschrickt. Während die Kinder im Bett sind, lauschen die Erwachsenen der Stimme von Carl´s Frau, welche ihn auf ambivalente Art zu berühren scheint. Maj besucht Alexander und zeigt ihm das Kleid, welches ihr Alma Ekdahl geschenkt hat. Alexander schleicht sich zu seiner Laterna Magica, die er geschenkt bekommen hat. Als die Erwachsenen die Wohnung verlassen haben, führen Isak und Helena noch lange Gespräche über alte Zeiten und erinnern sich an ihre Liebschaft. Alexander wird von seiner Mutter wieder ins Bett gescheucht und sein Vater Oscar gibt den Kindern eine Gute-Nacht Vorstellung über den weltkostbarsten Kinderzimmerstuhl der Ekdahls. Gustav verführt Maj in seinem Bett und Carl streitet sich mit seiner Frau, die zwei sprechen sich aufs Offenste aus. Bevor Gustav zu seiner Frau zurückkehrt überläßt er Maj eine Konditerei, die sie leiten soll. Wieder zurück bei seiner Frau wird er von ihr und seiner älteren Tochter Petra (Maria Granlund) mit spöttischen Kommentaren versehen, Gustav neckt seine Frau und die beiden schlafen miteinander. Es ist Morgen und die Großfamilie trifft sich bei Helena zum Frühstück und fährt danach, in mit Fackeln beleuchteten, Schlitten, durch den Schnee, in die Kirche.

Episode 2 : Der Geist
Während der Probe zu Hamlet bricht Oscar in der Szene, in der Hamlet zum ersten Mal auf den Geist seines Vaters trifft, zusammen. Alexander wohnt dem Spiel des Vaters, der den Geist spielt, aufmerksam und fasziniert bei. Nach seinem Zusammenbruch eilen seine Frau und der Regisseur Filip Landahl (Gunnar Björnstrand) herbei. Sie und die Theaterleute tragen ihn hinaus während Alexander mit Maj fassungslos zusieht. Die Familie und die Theaterleute kommen im Ekdahl Haus zusammen. Oscar befindet sich in den letzten Zügen als Fanny und Alexander geholt werden. Seine Frau und seine Mutter sind bei ihm als Fanny hereingerufen wird. "Nichts, kann mich von euch trennen. Jetzt nicht und später nicht. Das sehe ich vollkommen klar. Ich glaube sogar, dass ich euch noch näher sein werde als zu Lebzeiten." Als er Alexander sehen will, versteckt sich dieser aus Angst seinem sterbenden Vater zu begegnen. Oscar bekommt einen Krampf in dem Moment als er Alexanders Hand hält. Seiner Frau Emelie, die selbst Schauspielerin im Ensemble ist, sagt er noch, dass sie das Theater übernehmen muß und wünscht sich ein einfaches Begräbnis, nichts bombastisches im Dom, mit Chopin´s Trauermarsch.
In der Nacht wachen Fanny und Alexander von lautem Geschrei auf und sehen durch einen Türspalt ihren aufgebarten Vater und ihre schreiende Mutter in dem Zimmer mit dem Sarg. Vor der Trauerfeier kommt Bischof Vergerus (Jan Malmsjö) um seine Anteilnahme zu bekunden. Das Theaterensemble gibt seine Aufwartung und Emelie erklärt Filip, dass das Wohl der Kinder und auch das Geschäftliche geregelt sei. Daraufhin verkündet sie, dass das Theater unter ihrer Leitung weitergeführt werde und die Proben wie bisher stattfinden sollen. Die Trauerfeier wird vom Bischof durchgeführt und ist pompös inkl. Chopin´s Trauermarsch. Während des Trauermarsches murmelt Alexander einen Schwall von obszönen Wörtern. Nach der Trauerfeier dürfen sich Fanny und Alexander zurückziehen und sehen sich mit der Laterna Magica Bilder an. Sie werden gestört vom Geiste Oscars, der im Nebenzimmer sitzt und auf dem Spinett spielt.

Episode 3 : Der Aufbruch
Ein Jahr ist vergangen. Emelie verkündet vor der Schauspielertruppe, nach einer Aufführung, dass sie das Theaterspiel aufgeben möchte und die Zukunft in die Hände der Gruppe legt. Bischoff Vergerus weilt im Haus der Ekdahls. Emelie ruft Alexander zu sich und dem Bischof. Dieser erklärt, dass er sich seiner Emelie angenommen und sich um sie gekümmert hat in ihrer Zeit der Trauer. Alexander wird vom Bischof bloßgestellt und getadelt aufgrund einer Schulbeschwerde, die ihn der Lüge bezichtigt, da er in der Schule erzählt habe, seine Mutter hätte ihn und seine Schwester an einen Zirkus verkauft. Der Bischof zwingt Alexander sich zu entschuldigen und erklärt ihm, dass die Fantasie eine großartige Gabe sei, die nur den Künstlern, Dichtern und Musikern zustehe. Im Anschluß erklären seine Mutter und der Bischof vor Fanny und Alexander, dass sie heiraten werden. Danach spricht der Bischof ein Gebet. Alexander sieht währenddessen seinen Vater durch den Raum gehen. Der Bischof will, dass Emelie samt den Kindern von nun an bei ihm in seinem Haus wohnen.

Das Haus des Bischofs steht in seiner kargen und kalten Art im krassen Gegensatz zur Wohnung der Ekdahls. Der Bischof wohnt dort mit seiner Mutter Blenda (Marianne Aminoff), seiner Schwester Henrietta (Kerstin Tidelius) und der bettlägerigen Tante Elsa (Hans Henrik Lerfeldt). Nachdem der Bischof durch das Haus geführt hat und alle samt Angestellten vorgestellt hat, bittet er Emelie am Abend sich von all ihren Besitztümern zu trennen und ihr bisheriges Leben zurückzulassen. Auch ihre Kinder sollen wie neu geboren in ihr neues Leben schreiten und ein Opfer für das Glück ihrer Mutter bringen. Emelie, überwältigt von dieser Liebe, willigt ein. Bei der Trauungszeremonie im Haus der Ekdahls sieht Alexander wieder den Geist seines Vaters, wie er die Trauung von weitem beobachtet. Nach der Zeremonie äußert die Ekdahl Familie Bedenken an der Richtigkeit dieser Trauung als sie die neue Familie aus dem Fenster beobachten. Fanny und Alexander fühlen sich äußerst unwohl im Haus des Bischofs. Besonders Alexanders Hass auf seinen Stiefvater verstärkt sich immer mehr. Abends beim Essen im Bischofshaus kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen Emelie und der Schwester Henrietta, bezüglich der strengen Regeln, welche die Kinder betreffen. Nach dem Nachtgebet und dem Tadel des Bischofs Alexander gegenüber, erzählt Emelie, dass das Puppenhaus im Kinderzimmer zwei Mädchen gehört hat, die im See mit ihrer Mutter, vor 15 Jahren, ertrunken sind. Emelie erklärt den Kindern, dass sie nicht eingesperrt seien und dass sie den Bischof liebe. Nachdem die Mutter gegangen ist zeigt Alexander, Fanny das verschlossene Fenster samt Gitterstäben.

Episode 4 : Die Ereignisse des Sommers
Helena bekommt in ihrem Sommerhaus einen Anruf von Isak. Im Laufe des Gesprächs beklagt sie sich darüber, dass Emelie und die Kinder den Sommer nicht bei ihr verbringen und stattdessen im Bischofsgemäuer verbleiben. Sie bekommt Besuch von Maj, die von Gustav Adolf ein Kind erwartet. Sie erzählt, dass Alexander ihr auf die vielen Briefe nicht antworten würde. Zudem besteht Gustav Adolf darauf, dass sie sein Geschenk, die Konditorei annimmt. Helena tröstet sie und beschwichtigt, dass sie sich unnötig Sorgen mache. Fanny und Alexander sind in ihrem Zimmer eingesperrt. Justina (Harriet Andersson), eine der Hausangestellten, erzählt ihnen, dass die ertrunkenen Kinder, die des Bischofs waren und das die Frau des Bischofs, sie zu retten versucht hat, als die Strömung sie erfasste. Seitdem würden unheimliche Ereignisse sie heimsuchen. Alexander erzählt daraufhin, dass er die Erscheinung der Frau gesehen habe und dass sie ihm ein Geheimnis anvertraut habe. Ihr Mann, der Bischof, habe sie zusammen mit den Kindern 5 Tage lang ohne Essen und Trinken im Schlafzimmer eingesperrt. Bei der Flucht aus dem Schlafzimmer stürzten sie ins Wasser und ertranken. Justina erzählt dies sogleich dem Bischof. Währenddessen erscheint Helena in ihrem Sommerhaus der Geist von Oscar, dem sie selbstreflexiv von sich und ihrer Rolle als Frau, Schauspielerin und Mutter erzählt. Oscar äußert ihr seine Sorgen der Kinder wegen.

Alexander und Fanny werden zum Bischof geordert, der Alexander, einem Prozess gleich, der Lüge bezichtigt. Alexander soll zwischen Rohrstock, Rizinusöl und Kellergewölbe seine Strafe wählen. Vergerus zwingt Alexander mit dem Rohrstock zum Bekenntnis seiner Lüge. Daraufhin wird er auf dem Dachboden eingesperrt. Emilie besucht Helena in ihrem Sommerhaus und erzählt ihr von den schrecklichen Vorkommnissen und wie grausam die Kinder behandelt werden. Sie erzählt auch, dass Vergerus ihre Bitte um Scheidung abgelehnt habe und das sie ihn um jeden Preis verlassen werde, worauf er ihr die Gesetzeslage nahe gelegt habe, die bei einem Prozess zu seinen Gunsten ausfallen würde und er die Erziehungsgewalt über Fanny und Alexander bekommen würde.
Auf dem Dachboden erscheinen Alexander die Geister der ertrunkenen Töchter, die ihm erzählen, dass sie beim Schlittschuhlaufen im Eis einbrachen und zusammen mit ihrer Mutter, die sie retten wollte, ertranken. Sie fauchen ihn an, dass sie ihren Vater von Alexanders Hass befreien werden indem sie ihm zusetzen bis er seinen Verstand verliere. In Helenas Sommerhaus kommt der Rest der Familie vom Bootsausflug zurück. Gustav Adolf besteht entrüstet darauf, dass Maj sein Geschenk annehme, da er ihr Beschützer sei und ihre Zukunft mit der Konditorei sichern wolle, zudem sei sein Ruf als Schürzenjäger in der gesamten Familie akzeptiert und gefestigt. Nachdem Helena sich von den Fotografien gelöst hat, beobachtet sie draußen einen heftigen Streit zwischen Carl und Lydia.
Emelie hat Alexander vom Dachboden befreit und liegt bei den Kindern, was dem Bischof missfällt, da sie ihm zuwiderhandelt. Am Abend erklärt er ihr, dass Alexander nicht zwischen Phantasie und Wirklichkeit unterscheiden könne und er ihn durch die züchtigenden Schläge geheilt hätte, da es eine liebvolle Strenge ist, mit der er Alexander reinigt. Emelie, die vom Bischof schwanger ist, bringt ihm ihren ganzen Hass und ihre Verachtung entgegen. Vergerus macht ihr klar, das ihr keinerlei Rechte zustehen. Emelie, verzweifelt, begreift, dass sie eine Gefangene ist.

Episode 5 : Die Dämonen
Isak stattet dem Bischof einen Besuch ab. Der Schwester des Bischofs erzählt er, Vergerus wollte sich vor längerer Zeit Geld leihen und bot ihm an eine Truhe zu kaufen, was Isak damals ablehnte. Nun wolle er den Bischof sprechen, da er diese Truhe unbedingt kaufen möchte. Während die Schwester den Bischof holt, rennt Isak zum Zimmer der Kinder um sie auf die Flucht vorzubereiten. Nachdem der Kaufvertrag zustande gekommen ist, geht Vergerus in sein Amtszimmer, zählt das Geld und unterzeichnet. Isak holt daraufhin schnell die Kinder, die sich in der Truhe verstecken. Vergerus ist äußerst misstrauisch und wirft Isak zu Boden, rennt mit seiner Schwester zum Zimmer der Kinder, woraufhin ein Wunder geschieht, nachdem Isak seine Hände gen Himmel ausstreckt und ein gleißendes Licht in umhüllt. Emelie steht in dem Zimmer in dem Fanny und Alexander leblos auf dem Boden liegen. Isak läßt schnell die Truhe herausbringen und blickt noch einmal Richtung Bischof und Emelie, die mit einem hoffnungsvollen Blick zurückschaut.

In Isaks Haus essen die Kinder zusammen mit Isak und seinem Neffen Aron (Mats Bergman), der ein Marionettentheater leitet. Bevor sie zu Bett gehen, zeigt ihnen Isak noch das Haus und macht sie darauf aufmerksam, dass die Tür zum Zimmer seines Neffen Ismael (Stina Ekblad) immer verschlossen bleiben soll, da er sehr krank ist. In dem Zimmer mit den roten Vorhängen wollen Fanny und Alexander nicht allein gelassen werden, so bleibt Isak noch bei ihnen und liest aus einem hebräischen Buch ein Gleichnis vor, welches von einem Jüngling auf der Suche nach einer Quelle handelt; von der Suche der Menschen nach Erlösung und Vergebung, der ewigen Suche nach einem höheren Sinn. Alexander taucht ein in die Geschichte von Isak und findet sich selbst auf der Suche zwischen sich geißelnden Gottesfürchtigen und Gauklern, um von seiner Mutter in Mönchsgewandung einen Becher mit Quellwasser überreicht zu bekommen.
Gustav Adolf und sein Bruder Carl statten dem Bischoff einen Besuch ab. Sie wollen den Bischof mit einem angemessenen Geldbetrag beschwichtigen um von polizeilicher Gewalt abzusehen. Sie versuchen ihn zu einer Scheidung zu drängen und machen ihm klar, dass eine Rückkehr der Kinder außer Frage steht. Nachdem Gustav Adolf sich in Rage geredet hat, hält Vergerus ihnen eine Predigt, nach der sie wertlos und minderbemittelt seien. Emelie kommt dazu und bittet Carl und Gustav Adolf zwanghaft, unter den aufmerksamen Augen des Bischofs, dass die Kinder zurückkommen sollen. Als Alexander Nachts aufsteht um das Klo zu suchen, verirrt er sich in den labyrinthischen Gängen von Isaks Haus. Er trifft auf den Geist seines Vaters, der sich dafür entschuldigt, dass er ihnen nicht helfen kann. Emilie überreicht dem Bischoff eine Brühe unter die sie ein Schlafmittel gemischt hat. Währenddessen wird Alexander von Aron erschreckt, der mit einer riesigen Marionette Gott spielt. Sie hören Ismael in seinem Zimmer singen und Aron zeigt Alexander in einem anderen Raum, die atmende Mumie. Während die Mumie sich bewegt und Aron erzählt, dass die Menschen immer das Unerklärliche erklären müssen, bewegt sich auch die Tante von Vergerus, der er kurz vor Schlafenszeit einen Besuch abstattete und ihre Nachttischlampe näher an sie rückte. Aron erzählt Alexander von seinem Zaubertheater in St. Petersburg und das Isak sagt, dass es nicht nur die eine Welt gibt. Sie bringen Ismael das Frühstück. Emelie kündigt dem halbbewusstlosen Bischof ihre Rückkehr zu den Kindern an, worauf dieser sie anfleht und verzweifelt versucht sich zu übergeben.

Ismael will, dass Alexander mit ihm alleine bleibt und schickt Aron weg. Ismael sagt Alexander, dass er als gefährlich gelte, weswegen er eingesperrt sei. In dem folgenden Gespräch stellt sich heraus, dass Ismael den Hass Alexanders personifiziert und seinen Mordwunsch an dem Bischoff laut ausspricht. Ismael sieht die Ereignisse, die sich im Bischoffshaus abspielen klar vor sich. Die Lampe stürzt auf das Bett von Vergerus Tante, die in Flammen aus dem Zimmer rennt und das ganze Haus in Brand steckt. Am nächsten Morgen überbringt die Polizei Emilie, die sich bei Helena im Ekdahl Haus befindet, die Nachricht vom Tod des Bischofs. Emilie besucht, in Trauer gewandet, zusammen mit Fanny und Alexander die Theatergruppe, die ein mittelmäßiges Stück proben muß.

 Epilog
Emilie und Maj haben zwei Töchter zur Welt gebracht und Gustav Adolf bringt bei einem Familienfest, bei dem die Familie wieder vereint ist, seine Ehrerbietung und fasst die vergangenen Erfahrungen in einer großen überschwänglichen Rede, auf seine Art, zusammen. Rosa (Lena Olin), die neue Angestellte, bringt Emelies Baby zu Bett und Emelie und Alma den betrunkenen Gustav Adolf. Maj und Petra erklären Emilie, dass sie nach Stockholm gehen wollen. Maj möchte über ihr Leben und das ihres Kindes selbst bestimmen und nicht von Gustav Adolfs, liebevoller aber bevormundender Art, gelenkt werden. Emilie nimmt die Lektüre von Strindbergs "Traumspiel" und geht zu Helena mit der sie über Gustav Adolf reden will, doch Helena weiß längst Bescheid über Majs Pläne, die sie befürwortet und sowieso der Meinung ist, das Gustav Adolf mal kürzer treten müsse, weswegen Emelie auch die komplette Leitung des Theaters übernehmen solle, da es ihr Theater ist. Emelie läßt ihr die Strindberg Lektüre da, die Emelie gerne aufführen möchte mit dem Vorschlag, sie beide könnten darin spielen.
Währenddessen erscheint Alexander der Bischof, der ihn am Kragen packt und mit den Worten "Mich wirst du nicht los" zu Boden wirft. Alexander legt sich zu Helena, die aus dem Vorwort von Strindbergs "Traumspiel" vorliest, während Alexander einschläft.
ENDE SYNOPSIS

PRODUKTIONSNOTIZEN

Ingmar Bergman schrieb das Drehbuch zu Fanny & Alexander noch während seiner Zeit in München, wo er wegen des Steuerhinterziehungskandals einige Jahre verbrachte. Schweden war ihm mittlerweile wieder wohlgesonnen und so kündigte die Presse 1980 die Rückkehr des wohl bekanntesten schwedischen Filmregisseurs an, der nochmals einen Film in Schweden drehen werde. Produktionskosten : 35 Millionen Kronen. Die bis dato teuerste schwedische Filmproduktion überhaupt und der teuerste Bergman Film seit The Serpent´s Egg. Die Produktion des Films war nicht einfach. Zuerst bekundete der britische Produzent Lew Grade, der u.a. Zefirellis Jesus Film und Teile von Höstsonaten mitproduzierte, Interesse, Bergman aber vertraglich auf die Länge des Films festlegen wollte. Die helfende Hand kam dann in Form von Jörn Donner, dem damaligen Direktor des schwedischen Filminstituts. Donner versprach die Finanzierung des Films voranzutreiben mit Bergmans Einverständnis den Film "nur" in Schweden zu drehen, was dann sogleich ein neues Problem hervorrief. Dadurch, dass das Filminstitut den Hauptteil dieses monumentalen Werkes zu stemmen hatte, mußten in den Studios alle anderen Projekte abegsagt und auf Eis gelegt werden. Bergman legte mit seinem monumentalen Fanny & Alexander die gesamte schwedische Filmlandschaft lahm, was zu einem Eklat bei den Angestellten der Studios und benachteiligten anderen Regisseuren führte. Den Hauptteil der schwierigen Finanzierung übernahm das schwedische Filminstitut und teilte es sich mit Sandrews Film & Theater, Bergmans eigenen zwei Firmen Kinematograf und Personafilm. Den Rest der Kosten übernahmen Gaumont in Frankreich und Tobis in Deutschland. Dieses enorme finanzielle Risiko war letztendlich auch der Hauptgrund dafür, dass der Film in 2 Versionen erschien. Eine ursprüngliche 5 1/2 stündige und eine kürzere 3 Stunden Fassung für den internationalen Kino-Verleih. Bergman selbst betonte nachträglich, dass die lange Version, natürlich auch die wahrhaftige sei.
Die Dreharbeiten waren geprägt von einigen Katastrophen. So kamen Bergman und Sven Nykvist, sein langjähriger Kameramann, knapp mit dem Leben davon als ein Kran zusammenbrach, der Chef Elektriker brach sich beide Beine und dann wurde fast die gesamte Crew von einer Grippe Epidemie hingerafft. Während Nykvist und Bergman im Krankenhaus lagen, wurde um den Zeitplan einzuhalten die Beerdigungsszene von einem anderen Regisseur (Peter Schildt) und Kameramann (Tony Forsberg) gedreht.
Viele Stammschauspieler Bergmans sind in Fanny & Alexander zu sehen. Für die Rolle der Emilie war eigentlich Liv Ullmann vorgesehen, die sich aber während dieser Zeit bei anderen Dreharbeiten befand. Max von Sydow sollte eigentlich die Rolle des Bischoffs spielen. Von Sydow war zu der Zeit besonders in den USA ein äußerst gefragter Nebendarsteller und die Rolle kam in erster Linie nicht Zustande, da sein Agent eine enorm hohe Gage verlangte. Beide bereuten die Tatsache enorm, dass sie in diesem einen Abschiedsfilm nicht dabei sein konnten.

Bergman kündigte Fanny & Alexander als seinen Schwanengesang, seinen letzten Film und sein Abschied vom Kino an. 1984 gewann Fanny & Alexander 4 Oscars für Best Foreign Language Film, Best Cinematography, Best Art Direction und Best Costume Design. Es sollte sein letzter Kinofilm bleiben, allerdings nicht sein letzter Film, denn Bergman arbeitete noch unermüdlich fürs schwedische TV sowie nachwievor fürs Theater und schrieb weiterhin Drehbücher, die andere Regisseure verfilmten.

EINFLÜSSE

Fanny & Alexander wird oft als einer der biografischsten Filme dieses autobiografischsten Filmemachers aller Zeiten, angesehen. So wirkt Fanny & Alexander auch wie ein Abbild Bergmans Kindheit. Auf der einen Seite die Poesie, das Lachen, Gesang, Ausgelassenheit und auf der anderen die brutale Strenge des Vaters. Ingmar Bergman, Sohn eines lutherischen Pfarrers, verarbeitete in einigen seiner Filme, das Trauma seiner Kindheit, in Fanny & Alexander wird dies in voller Länge ausgebreitet. Aber nicht nur das Fanny & Alexander reich ist an autobiografischen Details, wie zb. dass die Wohnung der Ekdahl´s eine exakte Kopie der Wohnung seiner Großmutter ist ebenso wie diese sich in der Figur von Helena Ekdahl wiederfindet und Onkel Carl eben seinem Onkel Carl entspricht.
Zwei Haupteinflüsse Bergmans waren beim Schreiben des Drehbuchs eine Illustration aus E.T.A Hoffmans Nußknacker und Mäusekönig, die zeigt wie zwei Kinder Heiligabend erwartungsvoll auf die brennenden Lichter am Weihnachtsbaum warten sowie Charles Dickens.
Ein anderer Einfluß ist Bergmans eigenes Schaffen. 40 Jahre Bergmansche Filmgeschichte prägen diesen Film. Fanny & Alexander ist also ein Film der Bergman-Filme, so wie er es ankündigte mit "Die Summe meines Schaffens". Mit dem Hintergrund dieser Filmreihe, die ich mit meinem Freund und Kollegen seit 2013 bestreite, fiel natürlich gerade diese Komponente besonders ins Gewicht bzw. sprang es mich beim Sehen teils förmlich an. Die große Kunst ist es aber, dass dieses "Schaffen" nicht bloß zum Selbstzitat wird sondern sich vollends in den Dienst der Geschichte stellt.
Diese Summierung ist es die Fanny & Alexander so reichhaltig macht und zu einem der vor allem "schönsten" Bergman Filme sowie zu einem der besten europäischen Filme der 80er Jahre.

REZEPTION

Silvester 2014. Ein passendes und feierliches Datum für einen Film, der im Grunde selbst ein einziges Fest darstellt. Auch wegen seiner epischen Länge von 5 1/2 Stunden in der TV-Fassung war es nicht ganz einfach einen Termin für uns und diesen Film zu finden. Da meine Freundin eh in Kanada weilte und die Zeit in der ich an diesem Abend unbedingt feiern muß auch vorbei ist, legten wir unseren nächsten Bergman also kurzerhand auf diesen Abend. Da die TV-Fassung eh in fünf Akte aufgeteilt ist, schauten wir das Ganze nicht in einem Rutsch sondern mit kleinen und größeren Pausen dazwischen.

Nach nur 21 Minuten bin ich so ergriffen, dass mir die Tränen kommen. Bergman spricht zu mir und dabei ist es Oscar, der in der Weihnachtsansprache spricht. Doch ist es natürlich auch Bergman, der hier in der Gestalt von Oscar folgende Worte an die Theaterleute richtet :

"Meine lieben Freunde. Nun sind es schon 22 jahre, dass ich hier in meiner Eigenschaft als Theaterdirektor vor Euch stehe und eine Rede halte und dabei habe ich doch so gar keine Begabung für solche Art von Auftritten. Vor allem wenn ich da an meinen Vater denke, der ein geradezu glänzender Festredner war und der....Meine einzige Begabung, wenn man in meinem Fall überhaupt von Begabung sprechen kann, ist, dass ich unsere kleine Welt hier von Herzen liebe. Diese Welt hinter diesen dicken Mauern. Und so habe ich auch die Menschen gern, die in dieser kleinen Welt arbeiten. Da draußen, da ist die große Welt und manchmal da gelingt es der kleinen Welt, die große Welt so zu spiegeln, dass wir sie verstehen, besser verstehen und machmal gelingt es uns auch die Menschen, die zu uns kommen so zu verzaubern, für eine kurze, für einen kurzen Augenblick, dass sie und sei es auch nur für ein paar Sekunden........Für ein paar Sekunden die harte Welt da draußen vergessen. Unser Theater ist ein kleiner Raum voller Sorgfalt, Klarheit, voller Ordnung und Liebe....
Ich weiß auch nicht warum ich mich gerade heute Abend so, hach, so merkwürdig feierlich fühle. Ich kann euch nicht sagen was ich empfinde, ich glaube ich sollte mich langsam kurz fassen......"

Auch ich kann nicht genau sagen warum ich so ergriffen von dieser Ansprache bin, vielleicht weil Bergman hier eine wahre Liebeserklärung an jene "kleine Welt" in einer ehrlichen und aufrichtigen Art zusammenfasst, jene Welt des Theaters, der Magie, der Illusionen, die er in so vielen Filmen der "anderen, der großen Welt" entgegengestellt hat. Aber nicht nur das. Bergman bringt in dieser Ansprache die ganze Magie, die Theater und vor allem Schauspiel auslösen kann in seiner Essenz auf den Punkt und gleichzeitig wirkt dies schon wie ein Abschied, eine letzte Rede, welche sie nämlich auch in doppelter Form ist. Einmal von Oscar, der diese Rede (was wir noch nicht wissen) zum letzten Mal halten wird und gleichzeitig von Bergman, der sich hier direkt zum letzten aber auch zum ersten Mal an sein Publikum richtet und sich verabschiedet.

Aber halt : ich greife schon vorweg.
Schon innerhalb des Prologs, in den ersten 7 Minuten von Fanny & Alexander, präsentiert uns Bergman 5 seiner immer wiederkehrenden Themen :

1.) Das Theater
Die Bühne des Lebens, der "kleinen" Welt, die imstande ist die "große" Welt zu spiegeln.
2.) Das Leben
Die pure Lebenslust, die hier in seiner ganzen verführerischen Weiblichkeit lockt.
3.) Der Tod
Am Ende steht immer der Tod. Die einzige unausweichliche Konstante im Leben.
Dazwischen die Angst davor und
4.) Die Zeit 
Der unaufhörliche Strom, der beides miteinander verbindet.
5.) Der Traum
Der Traum, immer wieder, als äußere und innere Realität. Leben und Traum fließen zusammen und ergeben eine Einheit, die nicht voneinander zu trennen ist. Alexanders Vision könnte ein Wachtraum sein, er könnte aber auch gleichzeitig dies ganz offen imaginieren, denn Alexander hat eine Gabe, da er mit seiner Phantasie einen Zugang zu einer übersinnlichen Welt hat, die zwischen den 4 Welten / Häusern steht und ganz selbstverständlich, mit den Augen eines Kindes, sich in den Fluß dieser Welten einfügt.

5 große Themen aus Bergmans jahrzehntelangem Schaffen tauchen in diesem 7-minütigen Prolog auf und gleichzeitig ist es schon die Einführung, dass wir diesen Film aus Alexanders Augen wahrnehmen werden. Auch wenn der Film den Fokus nicht gänzlich darauf legt, sehen wir vieles aus den Augen Alexanders, besonders stark im letzten Teil des Films innerhalb der magischen Welt in Isaks Haus, wo die Umgebung gänzlich aus seiner Gefühlswelt gezeigt wird.
Fanny & Alexander ist vollkommen durchzogen von Leben und Tod, von Licht und Schatten. Doch bevor der Tod seine kalte Hand ausstrecken wird, pulsiert zuerst das volle Leben.

Die kleine Welt
Bergman breitet innerhalb der Weihnachtsfeier sein gesamtes Figurenkabinett mit unglaublich langem Atem genauestens aus. Seine Figuren bleiben dabei immer sie selbst, mit all ihren Schwächen, Vorzügen, ihrem Ekel, werden sie liebevollst dargestellt und eingeführt. Wunderbar kauzige Charakterköpfe wie der vor Lebenslust strotzende Gustav Adolf, der ganz offen mit den weiblichen Bediensteten, besonders mit Maj, herumschlawänzelt oder sein neurotischer Bruder Carl dessen Beziehungshölle zu seiner deutschen Frau Lydia genauestens seziert wird und er sein Lebensleid ständig im Alkohol ertränkt, der aber dennoch genau wie sein Bruder, zu frivolsten Scherzen aufgelegt ist, wie das absonderliche "Kerze auspupsen" beweißt. Die Matriarchin Helena, die mit herzensguter aber auch strenger Miene das Familenregiment führt und dabei immer wieder Gustav Adolf, der sich nur zugern als Patriarch aufspielt, zurechtstutzen muß aber ihn dann doch gewähren läßt, weil es ihm soviel Spaß macht. Die junge Schauspielerin Emelie, die so zerbrechlich ist und ihren Mann Oscar genauso liebt wie das Theater, welches für beide ihr ganzes Leben bedeutet, ja und Oscar, dieser introvertierte wunderbare Vater, dessen Phantasie schier grenzenlos ist und er dies auch an seine Kinder weitergibt und mit ihnen teilt. Dann ist da noch Isak, der alte Freund der Familie und Jugendliebe von Helena, die in ihren alten Jahren sich immer wieder gerne an vergangene Zeiten zurückerinnern. All diese Lebensgenießer und selbst die Figuren, die hier nicht genannt wurden, schließt man nach nur kurzer Zeit sofort in sein Herz.
Es mutet schon ein wenig verwunderlich an, da diese Opulenz, die hier entfaltet wird vollkommen konträr zum bisherigen Schaffen steht. Es ist eine epische Opulenz die an große Familienromane erinnert aber nie aufgesetzt wirkt. Im Gegenteil. Der Film vermittelt stark physisch ein Gefühl für seine Zeit und schleust einen förmlich ein. Mit welcher Detailversessenheit Bergman Räume und Requisiten in Szene setzt und dabei förmlich ein Sittengemälde seiner Zeit entstehen läßt, welches penibelst in seiner Ausstattung die Farben glänzen läß, erinnert nicht von ungefähr an Visconti.
Witzigerweise erzählt Thomas Vinterberg innerhalb eines Interviews über seine liebste Bergman-Szene, die Anekdote, dass er, als er Bergman einmal traf, gestanden habe, er hätte sich für "Festen" , bei Fanny & Alexander bedient. Worauf Bergman lachte und sagte, dass er sich für die Weihnachtsszenen bei Visconti´s "Il Gattopardo" bedient habe.


Bei all seiner Opulenz, die Fanny & Alexander innerhalb seiner ersten Episode ausbreitet, ist da nichts was unter der Länge und der Epik leiden würde. Dabei ist er alles andere als konventionell. Auch wenn er definitiv ein Publikumsfilm ist besitzt er alles was einen Bergman Film auszeichnet und gerade dieser Anfang kennzeichnet ihn auch als Komödie, was nun gar nicht so verwunderlich ist, denn auch dies hat in seinem Schaffen festen Bestand wie zb. "Sommarnattens leende" zeigt.

Der Tod und die Gespenster
So wie Bergman in der ersten Episode das Leben der kleinen Welt in vollen Zügen feiert, so läßt er schon bald den Tod an die Türe klopfen, der sich innerhalb des Weihnachtsfestes schon leise ankündigt. Der Tod von Alexanders Vater Oscar in der zweiten Episode rüttelt an den Grundfesten dieser kleinen Welt und läßt sie schließlich auseinanderbrechen. Innerhalb dieser Szenerie, die Alexander mit dem Tod konfrontiert, gibt es einiges was man auch biografisch deuten kann. Bergmans Vater starb in hohem Alter eines natürlichen Todes, er selbst wurde aber sehr früh schon mit dem Tod konfrontiert, beispielsweise als er als Teenager eine Nacht lang in einer Leichenhalle eingesperrt war. Besonders in diesen Szenen kommt in Alexanders Figur das "alter Ego" des Regisseurs durch, der hier genau zeigt, was es heißt für einen Jungen in dem Alter damit in Berührung zu kommen.
So wie der Traum und die Wirklichkeit bei Bergman stark miteinander verknüpft sind, so ist das Leben auch immer vom Tod durchzogen.
"Nichts !
Nichts, kann mich von Euch trennen. Jetzt nicht und auch später nicht. Das weiß ich. Das sehe ich vollkommen klar. Ich glaube das ich euch sogar noch näher sein werde als zu Lebzeiten."

Es ist hier nicht das alles auflösende "Nichts" aus "Persona" sondern ein "Verbindendes". Der Tod, das sind für Alexander die Gespenster, die Geister. Die Toten, die ihn nicht verlassen und immer für ihn da sind. Genauso wie der Tod auch immer ein konstantes Hauptelement in Bergmans Schaffen geblieben ist. Der Ursprung dieser Inspiration findet sich in Bergmans Kindheit wieder, was Fanny & Alexander aufnimmt und ihn durch dieses eine von unzähligen anderen Elementen zu einem Meta-Film macht. Alexander, der die Gabe besitzt die Geister zu sehen, erscheinen die Toten mal bedrohlich, mal nicht bedrohlich. Für ihn bleiben sie. Aber auch Fanny sieht den Geist ihres Vaters, hier am Ende der zweiten Episode.
In dieser Szene, in der die Kinder Nachts von den Schreien ihrer Mutter geweckt werden und den aufgebarten Leichnam ihres Vaters durch den Türschlitz sehen, setzt Bergman schonmal die Schraube an und zeigt was für einen Schmerz Oscars Tod für Emili bedeutet. 3 Minuten lang filmt er aus Distanz durch den Türschlitz und wir sehen und höhren Emili, wie sie von rechts nach links und wieder zurückwandert und sich den Schmerz aus der Seele brüllt. 3 markerschütternde Minuten, die den Schmerz, den Oscars Tod verursacht hat, in aller Wucht verdeutlichen aber auch die folgende Lossagung von dieser für Emili zerbrochenen kleinen Welt, hinein in die Arme des Bischofs, des Seelenfängers.

Das Bischofshaus
Die Zerstörung der kleinen Welt findet ihren Höhepunkt in der 3. und 4. Episode im Bischofshaus.
Der bunten, prächtigen Welt stellt er nun eine asketische Strenge entgegen, kalte, weiße Räume und Drill und Züchtigung unter dem Deckmantel der Geistlichkeit.
Die gesamten Szenen, die sich im Bischofshaus abspielen, fanden immer schon Anklang in Bergmans Werk. Hier ist es allerdings das 1. Mal wo das Autobiografische total durchexerziert und ausgebreitet wird. Bergman, Sohn eines lutherischen Pastors wurde 1918 in Uppsala als zweites von drei Kindern geboren. Auch er hatte unter der strengen Fuchtel seines Vaters zu leiden und wurde durch ähnliche Bestrafungsrituale traumatisiert, zudem verabscheute er die Doppelmoral der organisierten Kirche. Man muß sich das so vorstellen, dass alles was Alexander hier und auch schon vorher, man denke an den Prozess, der ihm bezüglich seiner Flunkerei in der Schule, vom Bischof, gemacht wird, erleidet, auch der junge Ingmar Bergman so ähnlich durchlitten haben muß. Bergmans Wunsch, das Kind anderer Eltern zu sein, war in einem bestimmten Alter so groß, daß das Mißtrauen gegenüber dem Vater irgendwann in blanken Haß umschlug. In seiner Autobiografie beschreibt er auch eine ähnliche Szene in der er einem Klassenkameraden erzählt habe, daß man ihn bald abholen werde und zusammen mit der schönsten Artistin zum Akrobaten ausbilden werde. Woraufhin er von der Klassenlehrerin sowie von seinen Eltern gedemütigt wurde und einem Prozess gleich an den Pranger gestellt wurde. Das Kind müsse lernen zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu unterscheiden. Eine Lebensepisode, die sich hier fast 1:1 innerhalb der 3. Episode wiederfindet. Auch der oftmals zitierte Wandschrank, in den Bergman von seinem Vater gesperrt wurde, wird hier nun zum Dachboden, doch die wohl eindringlichste Bestrafungsszene ist die in der Alexander vor den Augen von Fanny und den Bediensteten, vom Bischof mit einem Teppichklopfer gezüchtigt und fast zusammengeschlagen wird, weil Alexander behauptet hat, der Bischof habe seine Frau und Kinder in den Tod getrieben. Dieses Ritual der Bestrafung beginnt wie bei einer Gerichtsverhandlung mit einem Plädoyer des Bischofs, geht weiter mit einer Befragung Alexanders und endet mit brutaler Gewalt und psychischer Demütigung. Eine Szene, die Michael Haneke Jahre später in seinem "Das weiße Band" sehr ähnlich gestaltenbzw. abwandeln wird.
Dabei ist anzumerken, dass Bergman seinem Vater auch gute Seiten abgewinnen konnte, welche er hier in der Oscar Figur verwoben hat. Man könnte auch sagen, dass Oscar das Licht und Bischof Vergerus der Schatten seines Vaters sind.

Jan Malmsjö, der hier mit einer hingebungsvollen Wiederwärtigkeit und Grausamkeit im Grunde eine Weiterführung der Rolle des Pfarrers aus "Viskningar och Rop" zum besten gibt, wo dieser dort witzigerweise als "Pfarrer Isak" auftrat und nun den Schuftnamen Vergerus erhält, macht seine Sache unglaublich gut obwohl er "nur" zweite Wahl gewesen ist. Bei all dem Horror, den diese Figur ausstrahlt, ist es jedoch bemerkenswert, wie Bergman die Grausamkeit und Düsternis, die sich innerhalb der Bischofsepisoden aufbaut, entlastet indem er uns den Bischof, ganz besonders am Anfang der 5. Episode in der "Pfandleihszene", überdeutlich, samt schwarzer Katze, als Belzebub, als Teufel in Person vorstellt. Bergman entlastet den Horror indem er ihn überdeutlich auf den Punkt bringt. Am Anfang dieser Szene wird der Bischof durch das Motiv der Gier, der Heuchelei, die durch das Materielle, nochmal betont wird, geschwächt. Das Böse wird hier übersteigert und wirkt dadurch greifbar, ja angreifbar. Kurz bevor das "Wunder" geschieht gibt es nochmal eine wahnsinnig brutale Szene, die fast aus dem Nichts kommt, in der der Bischof sein wahres Gesicht in all seiner Brutalität gegenüber Isak zeigt, der vom Bischof zu Boden geworfen und mit Füßen getreten wird. Ein Gesicht, welches der Bischof auch in der späteren Verhandlungsszene mit Gustav-Adolf und Carl verliert, als die beiden versuchen, die Scheidung zu erzwingen. Auch hier wird uns der Teufel nochmal in aller Gemütsruhe vorgestellt.
Das sogenannte "Wunder" wurde vielfach analysiert und gedeutet, dabei liegt es recht klar auf der Hand, dass in einem Film, in dem die Spähren so fließend sind, diese aussichtslose Situation nur noch mithilfe von Magie gerettet werden kann. Isak, der Zugang zur "anderen" Welt hat, hebt verfluchend seine Arme nach oben, gleißendes Licht fällt auf ihn und es geschieht ein Wunder. Die Kinder werden in höchster Not durch Zauberei gerettet. Die jüdische Welt hat gegen die christliche gewonnen, könnte man sagen, doch so einfach ist es nicht bzw. macht der Film es einem nicht.
Bergman, der Magier läßt es geschehen !

Szenen einer Ehe
So bemerkenswert es ist, wie Bergman dem Bischof seinen zersetzenden Schrecken nimmt, so durchläuft er auch die typische Ehe-Hölle zwischen Mann und Frau, in der Beziehung zwischen Carl und seiner Frau Lydia. Alles was wichtig ist kommt zur Aussprache in aller Heftigkeit und gnadenloser Ehrlichkeit doch es bleibt im Rahmen einer Komödie, da alle Szenen hier mit einem Witz oder lächerlich enden. Was fehlt ist die Schwere, die eine Figur wie Carl in einem Bergman Film eigentlich haben müßte dabei wird er trotzdem mitsamt seiner Probleme sehr ernst genommen. Wir erleben die Grausamkeit, können aber immer dabei lachen. Seine Hilflosigkeit wird maßlos übersteigert. Das Grauen, welches Bergmans Beziehungshöllen ausmacht, fehlt hier. Es ist hier der Ernst einer Komödie, der die beiden in immer abgeschlossenen Episoden begleitet.

Das Theater
Natürlich ist Fanny & Alexander auch einer Liebeserklärung ans Theater, was sich nicht nur in den Ekdahls als Schauspielerfamilie und Theaterbesitzer wiederfindet sondern auch in vielen kleinen Szenen, die im Theater spielen und natürlich auch durch die ausdrückliche Reflexion Emeli und Oscars, die immer wieder ihre Masken, ihr Schauspielersein hinterfragen und tiefste Gefühle für das Theater empfinden.
Es gibt allerdings auch eine Szene in der 4. Episode, die in der filmischen Inszenierung nochmal deutlichst eine Liebeserklärung ans Theater ist und gar nicht im Theater spielt. Es ist die Szene in Helenas Landhaus, in der die Kamera zurückfährt und vollkommen statisch bleibt. Das Wohnzimmer wird zur Bühne auf der sich eine der typischen Ekdahl Komödien abspielt. Helena, die alte Fotos sortiert, wird von Alma und Gustav Adolf unterbrochen, die von einem Bootsausflug wiederkommen. Nebenbei kommt noch eine Haushälterin von rechts rein und fragt wo das Abendessen serviert werden soll.
Eine kleine Theater-Episode, die sich nahtlos in den Fluß des Films einfügt, der randvoll ist mit Liebeserklärungen, Werks und autobiografischen Verweisen.

Isak´s Haus und die andere Welt
Nachdem Isak Jacobi die Kinder aus den Klauen des Bischofs mit einer vollkommen überraschenden List befreit hat, tauchen wir ein in die dritte Welt : Isaks Haus.
Eine labyrintische, abseitige Zauberwelt, die tief in das Unterbewusstsein Alexanders dringt und die wir noch stärker als zuvor, mit seinen Augen wahrnehmen. Im vorderen Teil des Hauses ist das Antiquitätengeschäft des Juden Isak. Im hinteren Teil das Marionettentheater von Isaks Neffen Aron und die Kammer von Ismael, die immer verschlossen bleibt.
Im Zimmer von Fanny & Alexander herrscht das gleiche Rot, wie in den Seelenhäuten von "Viskningar och Rop".
In diesem Seelenraum geschieht es. Bergman bringt die Essenz all der theologischen, spirituellen Fragen, die er in seinem Werk gestellt hat auf den Punkt innerhalb einer hebräischen Geschichte, die Isak den Kindern vorliest.

"Ein junger Mann wandert auf einer endlosen Landstraße dahin, zusammen mit anderen Menschen. Der Weg führt durch eine steinige Wüstenei in der nichts wächst. Die Sonne brennt von Morgens bis Abends. Nirgends finden die Menschen, die da wandern, Kühlung oder Schatten. Es bläst ein wiedriger Wind, der gewaltige Staubwolken aufwirbelt. Der Jüngling wird vorangetrieben von einer unbegreiflichen Unruhe, geplagt von brennendem Durst. Manchmal fragt er sich und auch seine Weggenossen nach dem Ziel ihrer Wanderschaft aber die Antworten sind vage und verworren. Er selbst hat vergessen, warum er sich einst auf den Weg gemacht hat, vergessen auch seine Heimat, sogar das Ziel seiner Reise. Plötzlich eines Abends findet er sich in einem Wald. Es dämmert. In der Stille hört er nur in den Wipfeln den Wind leise rauschen. Er sieht sich verwundert aber auch ängstlich und voller Mißtrauen um. Er ist völlig allein und er bemerkt, dass er fast nichts hören kann. Wie taub sind seine Ohren durch das ständige Wehen des unbarmherzigen Windes. Sein Mund und Rachen sind völlig ausgedörrt von der Sonnenglut. Seine Lippen sind blutig und zusammengepreßt von den Verwünschungen, die er ausgestoßen hat und darum hört er es nicht, das Murmeln des Wassers, darum sieht er nicht wie es blinkt in der Dämmerung und da steht er wie tuab und blind am Rande der Quelle und weiß nicht, dass sie da ist. Wie ein Schlafwandler sucht er seinen Weg zwischen den spiegelnden Wassern, wie ein Schlafwandler durchquert er den Wald und bald schon ist er wieder auf jener Landstraße. Obwohl blind, findet er doch den Weg. Eines Nachts sitzt er dann am Lagerfeuer neben einem alten Mann, der von dem Wald und den Quellen den Kindern erzählt. Der Jüngling erinnert sich an das was er gerade erlebt hat aber nur schwach und undeutlich, wie in einem Traum. Er wendet sich höflich und neugierig an den Alten und fragt ihn "Woher kommt denn all das Wasser ?" "Es kommt von einem Berg und der ist Tag und Nacht von einer mächtigen Wolke umhüllt. "Von was für einer Wolke ?" fragte der Jüngling. Da antwortete der Alte : "Jeder Mensch ist voller Ängste und voller Hoffnungen und voller Sehnsüchte. Jeder Mensch schreit seine Verzeiflung heraus oder erträgt sie still. Manche beten zu einem bestimmten Gott andere richten ihre Rufe ins Ungewisse. Diese Verzweiflung, diese Hoffnung. Dieser Traum von Erlösung. All diese Rufe, alle diese Tränen sammeln sich in Tausend und Abertausend Jahren und werden zu jener gewaltigen Wolke um den hohen Berg. Aus dieser Wolke strömt der Regen den Berg hinunter und so bilden sich die Bäche und Flüsse, die die großen Wälder durchfliessen. So bilden sich die Quellen, von denen du trinken kannst wenn dich dürstet. Ihr Wasser kühlt dein sonnenverbranntes Gesicht und auch deine Wunden und müden Füße. Alle Menschen haben schon gehört von dem Berg und der Wolke und den Quellen aber die meisten verharren ängstlich auf der staubigen Landstraße in der sengenden, brennenden Glut." "Warum verharren sie ?" fragte der Jüngling mit Verwunderung. "Das weiß ich nicht" war des Alten Antwort. "Sie haben sich selbst und anderen eingeredet, sie würden ihr unbekanntes Ziel noch vor Abend erreichen." "Von welchem unbekannten Ziel sprichst du ?" fragte der Jüngling aber der Alte zuckte die Achseln. "Vielleicht gibt es gar kein Ziel, mein Sohn und es ist nur Betrug, nur Einbildung. Ich bin selbst auf dem Weg zu dem Wald und den Quellen. Ich war schon einmal dort als ich jung war und jetzt suche ich den Weg wieder dahin zurück. Das ist nicht leicht, sage ich dir." Am nächsten Morgen brach der Jüngling zusammen mit dem Alten auf um den Berg, die Wolke und die springenden Quellen zu suchen.

Bergman bringt in dieser langen Geschichte, die Isak den Kindern vorliest, nochmal die Essenz zwei seiner Hauptwerke auf den Punkt : "Det sjunde Inseglet" & "Smultronstället". 
Aber auch all das Hadern, die Verzweiflung und Kasteiung so vieler Bergman Charaktere findet hier seinen Platz und wird ganz selbstverständlich mit einer eindeutigen Reminiszenz an das "Siebente Siegel" geschlossen als Alexander die Geschichte vor seinen Augen passieren läßt.
Als Alexander Nachts aufsteht, weil er nicht schlafen kann, irrt er in den geheimnisvollen Räumen des Hauses umher und begegnet seinem Vater mit dem er eine wütende Konversation hat, da dieser ihm nicht helfen würde. Er schimpft auf Gott als einen "Scheiß-Gott".
Wenig später erscheint ihm dieser "Scheiß-Gott" in Form einer übergroßen Marionette als Aron ihm einen Streich spielt und Alexander einen Schrecken einjagt.
Bergman erlaubt sich hier einen metaphysischen Witz, da es in seinem gesamten Werk genau umgekehrt ist, am stärksten zu sehen in "Aus dem Leben der Marionetten", in dem die Menschen die hilflosen Marionetten sind. Gleichzeitig ist es mehr als bezeichnend, zu sehen was Bergman von "Gott" hält in dem er ihn von einem Menschen spielen läßt, der wenig später sagen wird, er sei Atheist und würde sich bedanken bei Einmischungen aus dem Jenseits, da er als Magier genau begreifen müsse, was er da tue, nur für das Publikum müsse es unbegreiflich sein.

Die Übersinnlichkeit Alexanders erhält besonders in den folgenden Szenen mit Ismael einen magisch, dunkel-erotischen Ton, schält sich noch mehr heraus und wird gleichzeitig zur Sinnlichkeit. Etwas was in den Szenen mit Aron schon auffällt. Dieser dunkel-erotische Ton wird besonders dadurch verstärkt, dass Ismael, der das zweite Gesicht hat, durch die junge Stina Ekbald gespielt wird. Diese nichtgreifbare Figur ist ansich schon eine weiblich-männliche Verschmelzung in einer gesamten Szenerie, die nicht von ungefähr an "Persona" erinnert.
Ismael, der Verstoßene, zitiert aus dem 1. Buch Mose "Und er wird ein Wildesel von Mensch sein; seine Hand gegen alle und die Hand aller gegen ihn"
In den folgenden Szenen zwischen Alexander und Ismael findet eine Art Verschmelzung statt. Ismael personifiziert den Hass Alexanders auf den Bischof und läßt durch eine Kette der vorherigen Ereignisse den Bischof verbrennen. Dies alles passiert natürlich auch ohne Ismael und Alexander aber es ist die Illusion der unsichtbaren Hand, die uns Zuschauer hier vermittelt wird.
Ismael : "Nicht ich spreche. Du bist es."
Ismael : "Ich selbst habe mich ausgelöscht, bin mit dir in eins verschmolzen."

Rückkehr zur kleinen Welt
Am Ende sind die Ekdahls alle wieder vereint und feiern sich und die kleine Welt bei einem großen Festmahl. Gustav-Adolf hält eine große und lange Rede auf diese kleine Welt der Ekdahls.

"Wir Ekdahls sind nicht hier auf Erden um die großen Welträtsel zu lösen, glaubt das ja nicht. Dafür sind wir nicht gebaut für derlei Exkursionen. Das beste ist sich um die großen Zusammenhänge nicht zu kümmern. Wir leben im Kleinen. In unserer kleinen Welt und daran wollen wir uns halten. Die wollen wir bestellen und das Beste daraus machen. Plötzlich klopft der Tod an. Plötzlich öffnet sich der Abgrund. Plötzlich erhebt sich ein Sturm und die Katastrophe ist da. Alles das wissen wir aber wir wollen jetzt nicht denken an Unbehaglichkeiten und Verdruss. Wir Ekdahls haben Gottseidank unsere Zuflucht. Beraube einen Menschen seiner Zuflucht und er wird wahnsinnig oder fängt an um sich zu schlagen. Die Menschen müssen, zum Teufel noch mal, aus Fleisch und Blut sein. Sonst wagen wir weder gut noch schlecht über sie zu sprechen. Die Welt und die Wirklichkeit müssen fassbar sein, sodaß wir mit gutem Gewissen klagen können über die Einförmigkeit. Seid nicht betrübt ihr guten, ihr großartigen Künstler, Akteure und Aktricen, wir brauchen euch wie das tägliche Brot. Denn ihr vermittelt uns die übersinnlichen Schauer und Schauder und was uns noch lieber ist, das sinnliche Vergnügen. Die Welt ist eine Räberhöhle und es wird finster zur Nacht. Die Bosheit zerreist ihre Fesseln und streunt durch die Nacht wie ein tollwütiger Hund. Die Vergiftung trifft uns alle. Uns Ekdahls wie alle anderen. Keiner wird verschont. Nicht einmal Helena-Victoria und auch nicht die kleine Aurora. Das ist nunmal so und aus diesem Grunde sollte man glücklich sein wenn man glücklich ist. Sollte man freundlich sein, freigiebig, sanft und gut. Darum ist es notwendig und nicht im mindesten schändlich sich im Herzen zu freuen über diese kleine Welt. Das gute Mahl, das freundliche Lächeln, die blühenden Obstbäume, die Walzerklänge und damit meine lieben, meine geliebten Freunde bin ich am Ende meiner Rede und ihr könnt davon halten was ihr wollt. Könnt sie nehmen als sentimentale Ergüsse eines ungebildeten Restaurantbesitzers oder als altes, ehlendes, lallendes Gewäsch, was kümmerts mich."
Alles wird gut und diese kleine Welt ist es, was es lohnt sie zu verteidigen. Der Epilog feiert diese kleine Welt, dieses Zusammensein als Hymne auf das Leben, auf das Theater, auf alles was Bergman wichtig ist. Das Übersinnliche und das Sinnliche, doch über allem liegt auch ein Schatten und das ist der Moment wo Bergman nochmals in die Kamera spricht und sagt :
"Du wirst mich nicht los"

Dieser Schatten, der sich über Alexander legt in Form des Bischofs, der wie aus dem Nichts auftaucht ihn packt und zu Boden wirft, ist der Schatten, der Bergman sein ganzes Leben und Schaffen über verfolgt hat. Die Dämonen bleiben, bei Alexander wie auch bei Ingmar Bergman.

Ganz zum Schluß, die Männer sind gegangen, gibt es nochmal eine wunderbare Schlußpointe indem er Helena zu Emeli sagen läßt :"Jetzt sind wir die Bestimmer." So, wie es nie anders gewesen ist, dass Bergman den Frauen das Zepter in die Hand gab und sie alle "Wahrheiten" hat aussprechen lassen.

Am Ende Strindbergs Traumspiel, welches Emeli mit Helena inszenieren möchte, die Alexander aus dem Vorwort vorliest :

"Alles kann geschehen, alles ist möglich und wahrscheinlich. Zeit und Raum existieren nicht; auf einem unbedeutenden wirklichen, Grunde spinnt die Einbildung weiter und webt neue Muster...."

Es sind diese Worte, die sich wie ein Schleier um den Film legen und ihn enden lassen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll mit meiner Lobeshymne. Die Rezeption und Analyse spricht hoffentlich für sich. Fakt ist, dass dies das erste Mal ist, dass ein Regisseur seinen letzten Film ankündigt und sagt, dass er hier nochmal all seine großen Themen als Summe seines Lebens vereint. In der Tat ist Fanny & Alexander nicht nur der autobiografischste Film eines Regisseurs, der zu den biografischsten in der Filmgeschichte zählt, es ist auch ein Film aller Bergman Filme ohne das dies zum reinen Selbstzitatespiel verkommt. Alles fügt sich in die Geschichte und ist gleichzeitig eine perfekte Einführung in die Welt von Bergman ohne das man sein ganzes Werk gesehen haben müßte. 40 Jahre eigenes Schaffen und eigene Lebensgeschichte sind hier innerhalb dieses epischen Films versammelt.
Fanny & Alexander in seiner ganzen, fünfstündigen Fassung zu sehen führt einem nochmals diese Nichtbeschränkung dieses großen Publikumsfilms vor Augen, der sich anders als andere Filme von Bergman ganz bestimmt an ein großes Publikum wendet, dabei aber alles andere als konventionell ist. Dieser epische Film, der vollgestopft ist mit biografischen und filmischen Verweisen ist Ingmar Bergmans Vermächtnis und das in Reinkultur. Bleibt zu hoffen, dass dieses Meisterwerk auch endlich mal auf dem deutschen Markt in der langen Fassung per Blu Ray im richtigen Bildformat samt knalligen Farben gewürdigt wird. Bislang kann man dort nur zur Criterion Collection greifen.

10/10

So wie der Film sich nicht beschränkt hat, so konnte auch ich mich bei diesem epischen Blog Eintrag nicht beschränken. Ein Ende der Bergman Reihe ist noch nicht in Sicht. Nach seinem tatsächlich letzen Kinofilm drehte Bergman noch einiges fürs Fernsehen. Zwei dieser Filme gibt es als nächsten Eintrag innerhalb der Reihe um danach nochmals in Frühwerk vorzustoßen.







4 Kommentare:

  1. ein monumentaler artikel! dank der ausführlichen inhaltsangabe kommen die erinnerungen zurück....dann wird der film unter die lupe genommen. durch szenenfotos wird alles optisch herausgearbeitet, kleine schnittsequenzen machen die stilistischen und visuellen merkmale bergmans sichtbar. (wie übrigens in den artikeln davor auch schon, hier entsteht wohl ein neues bergman-universum). schade, schon wieder keine bd-langfassung. will den film weihnachten sehen. assoziativ kommt mir noch "once upon a time in america" in den sinn. auch ein "kinotraum". elegie und abgesang gleichzeitig. abgesang deshalb, weil anfang der 80´ schon das gefühl aufkam, das es filme dieser art bald nicht mehr im kino gibt. "ein wandgemälde", wie bergman selbst "fanny und alexander" nannte.

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  2. Hey, Uwe !

    Dank Dir für dein überschwengliches Lob :)
    Elegie & Abgesang zugleich, weiß gar nicht was ich da hinzufügen soll. Schön gesagt !
    Das wär in der Tat mal nen schöner Mehrteiler für Filmabende.
    Hoffnungsfroh auf eine BD Vö wartend.

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  3. Hallo Jörn: Habe endlich "Wilde Erdbeeren" gesehen. BD von Arthaus. Gleich begeistert: "über
    den ersten Alptraum zum Ziel" sozusagen...Ein Filmessay von Winfried Günther macht die BD zum Pflichtkauf!

    Winfried Günther analysiert die Symbolik in Isak Borgs Träumen (aufbauend auf den ersten Alptraum) und zeigt die Besonderheiten des Bildkaders auf. Er erklärt die Details in den Träumen, die später in der Realität von Isak ihre Entsprechung haben. Z.B. weist der Unfall des Leichenwagens im Traum schon auf den Autounfall hin, den er mit seiner Schwiegertochter und den jungen Leuten auf dem Weg nach Lund hat. So erhalten sämtliche Traumsequenzen eine Verdoppelung in der Realität. Die Protagonistin Sara gibt es für Isak ebenfalls zweimal. Einmal in Form seiner Verlobten, die sein Bruder verführt und geheiratet hat; und die junge Sarah der Gegenwart, die er als Beifahrerin auf dem Weg nach Lund kennenlernt. Beide dargestellt von Bibi Andersson! Aber die Träume Isaks bestehen auch aus trügerischen Erinnerungen, die er nicht selbst so erlebt hat: Die Verführung seiner Verlobten Sara durch seinen Bruder kann er nicht beobachtet haben, die Zwillinge der Familie stellen den Sachverhalt am Mittagstisch da. (beide sprechen ihren Text komplett synchron!). Den Ehebruch seiner späteren Frau Karin hat er aber tatsächlich heimlich beobachtet. Die Verschachtelungen der einzelnen Protagonistengruppen untereinander mit den Spiegelungen und Entsprechungen in den Träumen oder Erinnerungen werden in diesem Filmessay bis in das letzte Detail seziert. Ein riesiger verästelter Stammbaum aus Symbolik, Doppeldeutigkeit, Erinnerung, Innenwelt gegen Außenwelt. Filmsprache, Bildkader samt Flora, Fauna und Tonspur werden mit einer seltenen Akribie auseinandergenommen. Wieso, weshalb und warum steht der Kinderwagen immer mal wieder anders inzeniert in einer Szene herum. Ich weiß es jetzt. Eine Empfehlung an alle Filmstudenten und Liebhaber des magischen Kinos mit all seinen Fallstricken, Symbolen, Spiegelungen und Motiv-Verdoppelungen.
    Zitat: "Wilde Erdbeeren wirkt bis ins letzte durchkonstuiert. So gut wie keine Figur, so gut wie kein Motiv steht für sich selbst, sondern alle verweisen aufeinander und erklären sich gegenseitig...eine Art magischer Realismus." sagt Winfried Günther in seinem Filmessay. Magischer Realismus. Und das im Kino? Die Magie ist dem Kino wohl seit den 1980`abhanden gekommen. Und das Zuordnen und Verstehen von Symbolen und deren allegorische Deutung ist im 21.Jahrhundert durch die Vermischung aller Mythen (im Fantasykino/Starwars/Herr der Ringe/Comic-Universen/Marvel) vermutlich verloren gegangen. Selbst christliche Symbolik in ihrer reinen Form wird der jungen Generationen kaum geläufig sein. Wie auch, wenn man mit einem Kreuz eigentlich Vampire vernichtet...und das schon seit...müssen mal wieder Filmabend machen Gruß

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  4. Tach Uwe.

    Auch wenn ich Deine negative Haltung dem Gegenwartskino gegenüber nicht ganz teile, freut mich das natürlich, dass "Wilde Erdbeeren" so bei Dir eingeschlagen hat. Ja, müssen mal wieder nen Filmabend machen. Bin jetzt aber ersteinmal 2 Wochen im Urlaub :)
    Bis dahin,
    Jörn.

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