Matrose
Gösta (Bengt Eklund) kommt nach 8 Jahren auf See, wieder in seine
Heimat Göteborg. Im Hafen wird er Zeuge eines Vorfalls und sieht wie
sich ein junges Mädchen (Nine-Christine Jönsson) im Hafenbecken
ertränken will. Sie wird gerettet. Er sucht seinen Freund Skåningen
(Harry Ahlin) auf, bei dem er wohnen kann und der ihm am
darauffolgenden Tag Arbeit im Hafen verschafft. Abends überredet
Skåningen Gösta mit in ein Tanzlokal zu kommen. Dort begegnet er
Berit (Nine-Christine Jönsson) wieder, die sich umbringen wollte.
Kurz bevor sie das Lokal verlassen, trifft Berit auf Gertrud (Mimi
Nelson), die sie von früher kennt, mit der sie aber nichts mehr zu
tun haben möchte. Sie gehen zu Berits Wohnung, wo sie zusammen mit
ihrer Mutter (Berta Hall) wohnt. Berits kühle, reservierte Art wirkt
auf Gösta anziehend und sie verbringen die Nacht miteinander. Am
nächsten Morgen verabreden sie sich für Mittwochabend, kurz darauf
kommt Berits Mutter in die Wohnung und wundert sich, dass Berit noch
nicht in der Fabrik bei der Arbeit ist. Ihre Mutter fängt an sie
wegen der letzten Nacht auszufragen und es kommt zum Streit. Sie
droht damit die Sozialarbeiterin Fr. Vilander (Birgitta Valberg)
anzurufen, worauf Berit Panik bekommt, dass ihre Mutter sie wieder
ins Erziehungsheim schicken könnte. In der Fabrik wird Berit
plötzlich zum Chefingenieur (Hans Strååt) gerufen, der der Bruder
von Frau Vilander ist, die Berit in seinem Büro erwartet. Auf dem
Weg dorthin macht ihr Kollege (Yngve Nordwall) ihr sexuelle Avancen.
Nachdem Berit im Büro ihrer Verzweiflung Ausdruck verleiht, versucht
ihr der Chefingenieur Bengt eine Chance auf eine andere Arbeit zu
geben. Seine Schwester meint danach, unter vier Augen, ihm die
aussichtslose und schwierige Situation, in der sich Berit befindet,
zu erklären. Am Mittwoch reagiert Gösta lustlos auf die Fragen
seiner Freunde ob er Berit ausführen wolle. Berit, die sich schon
zum Ausgehen fertig gemacht hat, wartet auf Gösta, der sich aber
nicht meldet. Es kommt zum Streit zwischen ihr und ihrer Mutter, die
verhindern will, dass Berit sich mit Gösta trifft. Als ihre Mutter
gegangen ist, schweifen ihre Gedanken zurück in ihre Kindheit als
sich ihr Vater (Nils Dahlgren), der an einer Nervenkrankheit leidet
und ihre Mutter streiten. Berit fährt allein zum Kino und
trifft im Bus auf Gösta. Als sie ihn fragt, warum er nicht gekommen
sei, hat er keine Antwort darauf. Sie schauen sich einen schwedischen
Slapstick an. Nach dem Film treffen sie auf der Straße ihren
Kollegen, der zusammen mit anderen Männern anfängt Berit zu
belästigen. Gösta fordert die Männer heraus und es kommt in einem
Lagerraum zur Schlägerei, bei der Gösta den Kürzeren zieht. Am
nächsten Tag, in der Fabrik, ohrfeigt Berit ihren Kollegen. Gösta
und Berit mieten sich über das Wochenende in einem schicken Hotel
auf dem Land ein. Dort trifft sie auf Gertrud, die dort arbeitet. Sie
bittet Gertrud nichts aus ihrer Vergangenheit zu erzählen. Gertrud
erzählt ihr, dass sie schwanger ist und es bei Frau Krona (Sif
Ruud), illegal abtreiben will. Das Geld dafür leiht sie sich bei
Berit. Abends im Hotelzimmer erzählt sie Gösta von ihrer
Vergangenheit und wie sie ins Erziehungsheim geschickt wurde. Als ihr
Vater wegen einer Nervenkrankheit zu Hause bleiben muß, wird die
Beziehung zwischen ihren Eltern immer schlimmer. Berit kommt immer
seltener und immer später nach Haus. Als ihre Mutter sie eines
Abends nicht in die Wohnung läßt, lernt sie Thomas (Stig Olin)
kennen, mit dem sie fortan zusammen lebt. Doch ihre Mutter findet
heraus, wo sie steckt und bittet um Vormundschaftshilfe, worauf Berit
unter Jugendschutz gestellt wird und in eine Erziehungsanstalt
eingewiesen wird. Sie erzählt von der Zeit im Erziehungsheim und wie
Gertrud den Mädchen Parfum, Zigaretten und Seidenunterwäsche
besorgt. Nach 14 Monaten wird sie zu einer Frau gebracht, die Berit
für sie arbeiten läßt. Der Sohn dieser Frau verliebt sich in
Berit, was aber seiner Mutter missfällt. Berit läuft weg, wird
gefasst und kommt für 2 Jahre in ein anderes Erziehungsheim.Danach
fängt sie in der Fabrik an und lernt Gunnar kennen, der sie mit zu
seinen Eltern nimmt, wo sie sich zuerst gut aufgehoben fühlt, doch
er klärt seine Eltern nicht über Berits Vergangenheit auf und so
endet diese Beziehung mit Berits Selbstmorversuch im Hafenbecken.
Gösta wird zuerst eifersüchtig und kommt nicht mit der Geschichte klar,
die Berit ihm erzählt. Sein Freund Skåningen ermutigt ihn jedoch an
der Beziehung festzuhalten. Als sie wieder zusammen sind, treffen sie
in Berits Wohnung auf ihre Mutter, die versucht Gösta über Berit
aufzuklären und ihn zweifeln läßt. Berit erhält einen Anruf von
Gertrud, die ihre Hilfe braucht. Sie holt Gertrud bei Frau Kroner ab,
die sie gerade behandelt hat. Sie bringt die völlig erschöpfte
Gertrud zu Gösta. Doch bis der Krankenwagen kommt, stirbt Gertrud an
den Folgen des Eingriffs. Gösta betrinkt sich daraufhin im Zimmer
einer Prostituierten (Britta Billsten), wo er in seinem Wahn versinkt
und ausagiert. Berit wird von der Polizei, ihrer Mutter und Frau
Vilander vernommen. Sie soll den Namen der Frau verraten, die die
Abtreibung vorgenommen hat. Berit weigert sich bis zuletzt. Erst als
man ihr mit Gefängnis droht, verrät sie den Namen, da ihre Angst zu
groß ist. Als sie zu ihrer Wohnung kommt, trifft sie auf Gösta, der
sich für sein Verhalten entschuldigt. Er schlägt ihr vor mit einem
Boot gemeinsam das Land zu verlassen. Gemeinsam mit seinem Freund
Skåningen bitten sie einen englischen Kapitätn, sie mitzunehmen.
Doch sie entscheiden sich zu guter Letzt dagegen und versuchen ihre
Zukunft gemeinsam in der Stadt zu suchen.
Nach der Lorens Malmstädt Produktion Musik i mörker, bot Svensk Filmindustri Ingmar Bergman die Möglichkeit ein Manuskript von Olle Länsberg zu verfilmen. Bergman überarbeitete das Skript Guldet och murarna (Gold und Mauern) und arbeitete hier zum ersten Mal mit Kameramann Gunnar Fischer, der bis auf wenige Ausnahmen sein Stammkameramann bis Anfang der 60er Jahre bleiben wird.
Hamnstad fügt sich ersteinmal in die Reihe von Filmen aus dem Frühwerk, die ein junges Paar, welches gegen die unmenschliche Gesellschaft aufbegehrt, in den Vordergrund rückt. Mit der Ausnahme, dass hier der Fokus ganz unbedingt auf die Figur der jungen Berit, durchdringend gespielt von Nine-Christine Jönsson, gelegt wird.
Andreas nennt Hamnstad den ersten, formvollendeten, richtig ausgereiften Bergman Film und da bin ich auch ganz bei ihm. Vor allem ist Hamnstad der erste richtige "Frauen-Film" von Bergman.
Berit ist eine voll reflektierende, wahrhaftige junge Frau, die mit ihren Gefühlen ganz bei sich ist und ihre Stärke ständig geprüft wird, woran sie fast zerbricht.
Daneben Gösta. Nach außen hin stark und maskulin, nach innen aber tief verunsichert und unentschlossen, leidet er permanent an dem Druck seine Maskulinität ausspielen zu müssen.
Diese Unsicherheit oder besser noch Unetschlossenheit wird sehr schön in einer Dialog Szene mit ihm und seinem Freund Skåningen, der in der deutschen Synchronfassung "Schoner" heißt, veranschaulicht :
Gösta : "Interessierst du dich gar nicht für Bücher ?"
Skåningen : "Früher einmal. Vaters Bruder war Schullehrer und hatte ne Masse Bücher. In deinem Alter fühlt man sich leicht einsam. Man fährt zur See, man sieht die ganze Welt und glaubt trotzdem, dass man das Wichtigste versäumt. Tja, da gibt man das Lesen auf und fängt mit dem Saufen an. Die Bücher machen alles nur noch schlimmer. Aber, lies nur."
Als Gösta dann Berit kennenlernt ist er einerseits der Typ, der sie sofort verführt und nach dem Sex eigentlich gleich gehen will aber innerlich dabei ständig mit seinen Gefühlen kämpft und dabei gegen sein eigenes Rollenbild ankämpft. Gösta verbirgt von Beginn an seine Gefühle und später auch die Zweifel, die er hat. Er ist total gefangen in diesem maskulinen Bild von sich und seiner Rolle. Als Berit sich ihm im Hotel ganz und gar öffnet, sich ihm anvertraut, ist Gösta total überfordert damit und sieht sich zuerst in seiner Männlichkeit gekränkt. Dieses Rollenbild bekommt im Laufe der Geschichte immer mehr Risse und eskaliert nach der Abtreibung von Gertruds Kind, vollkommen. Ein Werdegang, der zum Schluß in dieser expressiv, expressionistischen Szene kulminiert :
Hamnstad fügt sich ersteinmal in die Reihe von Filmen aus dem Frühwerk, die ein junges Paar, welches gegen die unmenschliche Gesellschaft aufbegehrt, in den Vordergrund rückt. Mit der Ausnahme, dass hier der Fokus ganz unbedingt auf die Figur der jungen Berit, durchdringend gespielt von Nine-Christine Jönsson, gelegt wird.
Andreas nennt Hamnstad den ersten, formvollendeten, richtig ausgereiften Bergman Film und da bin ich auch ganz bei ihm. Vor allem ist Hamnstad der erste richtige "Frauen-Film" von Bergman.
Berit ist eine voll reflektierende, wahrhaftige junge Frau, die mit ihren Gefühlen ganz bei sich ist und ihre Stärke ständig geprüft wird, woran sie fast zerbricht.
Daneben Gösta. Nach außen hin stark und maskulin, nach innen aber tief verunsichert und unentschlossen, leidet er permanent an dem Druck seine Maskulinität ausspielen zu müssen.
Diese Unsicherheit oder besser noch Unetschlossenheit wird sehr schön in einer Dialog Szene mit ihm und seinem Freund Skåningen, der in der deutschen Synchronfassung "Schoner" heißt, veranschaulicht :
Gösta : "Interessierst du dich gar nicht für Bücher ?"
Skåningen : "Früher einmal. Vaters Bruder war Schullehrer und hatte ne Masse Bücher. In deinem Alter fühlt man sich leicht einsam. Man fährt zur See, man sieht die ganze Welt und glaubt trotzdem, dass man das Wichtigste versäumt. Tja, da gibt man das Lesen auf und fängt mit dem Saufen an. Die Bücher machen alles nur noch schlimmer. Aber, lies nur."
Als Gösta dann Berit kennenlernt ist er einerseits der Typ, der sie sofort verführt und nach dem Sex eigentlich gleich gehen will aber innerlich dabei ständig mit seinen Gefühlen kämpft und dabei gegen sein eigenes Rollenbild ankämpft. Gösta verbirgt von Beginn an seine Gefühle und später auch die Zweifel, die er hat. Er ist total gefangen in diesem maskulinen Bild von sich und seiner Rolle. Als Berit sich ihm im Hotel ganz und gar öffnet, sich ihm anvertraut, ist Gösta total überfordert damit und sieht sich zuerst in seiner Männlichkeit gekränkt. Dieses Rollenbild bekommt im Laufe der Geschichte immer mehr Risse und eskaliert nach der Abtreibung von Gertruds Kind, vollkommen. Ein Werdegang, der zum Schluß in dieser expressiv, expressionistischen Szene kulminiert :
Wir sehen, wie sich ein Mann in seinem Wahn überwindet und neu gebiert. Heraus kommt ein Mensch. Ein Mensch, der zu sich steht, mit Gefühlen, dem die Gesellschaft egal ist.
Eine Gesellschaft, die in ganz einfachen, kurzen Szenen, kompromisslos, deutlich, klar gezeigt wird, wie gandenlos diese ist. Er zeigt die gesamte Repression, wie Opfer der Gesellschaft kriminalisiert werden und verwebt dies mit der Kindheit. Wo man genau sieht, wie etwas weitergegeben wird. Von der Mutter an die Tochter. Mit jener perfiden Doppelmoral, in der die Mutter ihre ganzen Probleme auf die Tochter ablädt, dies dann zuschnürt, in dem sie sich selbstbemitleidet. Dieser Mutter geht es allein darum ihre Tochter zu zerstören, um ihres eigenen Selbstmitleids willen.
Man sieht in dieser narzisstischen Mutter Figur sofort einen Prototyp, der in seiner abgründig, nüchternen Inszenierung sofort an die großen Mutter/Tochter Szenarien der späteren Jahre erinnert.
Berit ist in vielerlei Hinsicht schon genau der Typ von "Bergman-Frau", die wir in so vielen späteren Filmen als Opfer ihrer Umstände und Umwelt sehen werden. Voll reflektierend und offen in ihren Gefühlen, ist es auch die Inszenierung, die immer wieder ihr Gesicht in Großaufnahme, mit dem Blick in die Vergangenheit zeigt :
Eine Gesellschaft, die in ganz einfachen, kurzen Szenen, kompromisslos, deutlich, klar gezeigt wird, wie gandenlos diese ist. Er zeigt die gesamte Repression, wie Opfer der Gesellschaft kriminalisiert werden und verwebt dies mit der Kindheit. Wo man genau sieht, wie etwas weitergegeben wird. Von der Mutter an die Tochter. Mit jener perfiden Doppelmoral, in der die Mutter ihre ganzen Probleme auf die Tochter ablädt, dies dann zuschnürt, in dem sie sich selbstbemitleidet. Dieser Mutter geht es allein darum ihre Tochter zu zerstören, um ihres eigenen Selbstmitleids willen.
Man sieht in dieser narzisstischen Mutter Figur sofort einen Prototyp, der in seiner abgründig, nüchternen Inszenierung sofort an die großen Mutter/Tochter Szenarien der späteren Jahre erinnert.
Berit ist in vielerlei Hinsicht schon genau der Typ von "Bergman-Frau", die wir in so vielen späteren Filmen als Opfer ihrer Umstände und Umwelt sehen werden. Voll reflektierend und offen in ihren Gefühlen, ist es auch die Inszenierung, die immer wieder ihr Gesicht in Großaufnahme, mit dem Blick in die Vergangenheit zeigt :
Überhaupt ist dies ein Film, der zum ersten Mal, die für Bergman so berühmten Großaufnahmen zeigt. Der studierende Blick auf Gesichter, die erkundet werden und oft die gesamte Leinwand einnehmen :
(Gertrud, kurz nach der Abtreibung)
(ein Bild aus der Vergangenheit in der Erziehungsanstalt)
(Bilder, präzise, offen, wie kleine Gemälde aus der Vergangenheit)
Hamnstad ist ein gesellschaftskritischer Film in dem eine junge Frau von ihrem gesamten Umfeld im Stich gelassen wird und der zeigt wie die staatliche Fürsorge nicht darauf aus ist einem Menschen zu helfen sondern nur dazu da ist ihn zu kriminalisieren und wegzudrücken. Ein Film, der ebenso deutlich die sexuelle Ausbeutung der Frau in einer christlich, konservativen Gesellschaft behandelt.
Man könnte vielleicht einwenden, dass auf Seiten der staatlichen Fürsorge eine Figur, wie die der Frau Vilander, zu schematisch gezeichnet ist, doch ist sie im Grunde auch nur ein Rädchen im Getriebe, wo der Hauptaugenmerk des Films ganz klar auf Berit, ihre Vergangenheit, die Mutter-Tochter Beziehung und natürlich die Beziehung zu Gösta, gelegt ist.
Aus dem Frühwerk ragt Hamnstad schon deshalb heraus, weil sich hier, noch mehr als in den ersten Filmen, eine eigene Handschrift etabliert, die, auch wenn der Film sich stilistisch an den Neorealismus anlehnt, schon stark die Filme der 50er erahnen läßt und Inhalt und Form immer näher zusammen bringt.
8/10
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